Leseprobe aus „Schatten des Dschungels“ (aus dem zweiten Drittel)

In geheimer Mission

Falk, Lindy und die anderen sind beim Ausrüstungszelt. Ich geselle mich zu ihnen, kaue an meinem Sandwich und schaue zu, was sie machen. Falk trägt eine Datenbrille und bemerkt mich nicht, als ich herankomme. Mit winzigen, präzisen Bewegungen bedienen seine Hände eine Fernsteuerung, aha, der Mini-Quadrocopter ist gerade im Einsatz. Er fliegt ziemlich hoch, das Bild auf dem Monitor zeigt die Brokkoli-Landschaft der Baumkronen. Sonnenlicht flutet mir durch die Linse entgegen. Jetzt gleitet die Kamera weiter, erfasst eine Lücke im Wald, eine Lichtung … nein, es ist keine Lichtung, ich sehe Baumstümpfe, eine Rauchsäule, Menschen. Der Schock fährt mir durch den ganzen Körper. Auch hier. Auch hier! Hat Falk nicht gesagt, das hier in Guyana sei der letzte unberührte Regenwald? Sieht so aus, als sei es damit vorbei. Vielleicht ist der Wald, den wir jetzt erforschen, in ein paar Monaten schon nicht mehr da. Mir ist zum Heulen zumute.

„Ich glaube, es sind ungefähr zehn Leute“, sagt Lindy nüchtern. „Kannst du näher herangehen, Falk?“

Falk schüttelt kaum merklich den Kopf. „Nicht ohne dass sie es merken.“

„Hat jemand die Abholzung genehmigt oder sind die Typen illegal da?“, mische ich mich ein, und Michelle sagt knapp: „Illegal.“ Sie streicht sich nachdenklich über das Kinn. „In ein paar Stunden zu Fuß müssten wir sie erreichen können.“

Der Quadrocopter legt sich in die Kurve, fliegt jetzt so schnell, dass auf dem Bild nur noch verwischte grüne Streifen zu erkennen sind. „Sobald ich ihn am Boden hab, gehen wir los“, sagt Falk. „Lindy? Pancake?“

Lindy nickt grimmig, und Pancake sagt: „Gib mir eine Minute, ich bereite alles vor. Wir ziehen es durch. Now or never.“

Irgendetwas haben sie vor, sie machen sich nicht mal die Mühe, es zu verbergen. Ich wüsste nur zu gerne, was sie planen. Aber wie hoch ist jetzt noch die Chance, dass sie mir das anvertrauen? „Was wollt ihr denn machen?“, frage ich trotzdem, ganz beiläufig, damit die anderen nicht denken, ich wolle sie wieder auf irgendeine Weise anklagen. Und weil ich Holzfäller – Baummörder! – noch nie ausstehen konnte, füge ich spontan hinzu: „Kann ich mit?“

Die vier tauschen einen Blick.

„Meinst du das ernst?“, fragt Lindy, sie klingt positiv überrascht.

Ich nicke. Alle warten, was Falk dazu sagen wird, ich spüre es – er ist es, den sie anblicken, nicht Michelle, die offizielle Gruppenleiterin. Und Falk wiederum sieht mich an, auf diese forschende und nachdenkliche Art, die ich schon kenne.

„Keine schlechte Idee“, sagt Falk schließlich, und erst jetzt merke ich, dass ich die ganze Zeit über den Atem angehalten habe.

Die anderen wirken noch skeptisch. Michelle wendet sich an Falk. „Es ist ein Risiko“, sagt sie. „Bürgst du für sie, Falcon?“

Ihr Ton ist scharf, doch Falk wirkt nicht im geringsten eingeschüchtert, er blickt Michelle geradewegs in die Augen. „Ich bürge für sie.“

„Ist sie denn fit genug?“, fragt Lindy, wippt auf den Zehenspitzen und mustert mich von oben bis unten. „Wir werden uns beeilen müssen, wenn wir noch vor der Dunkelheit zurück sein wollen.“

Es ist ein seltsames Gefühl, dass hier alle über mich reden, obwohl ich direkt daneben stehe. Gerade habe ich den Mund geöffnet, um selbst zu antworten, da kommt mir Falk schon zuvor. „Sie ist fit. In München hat sie mich in Grund und Boden gerannt.“

„Na, dann ist ja alles klar“, meine ich, einfach weil ich das Gefühl habe, dass ich gerne auch mal wieder etwas sagen würde.

Falk dreht sich mir zu, seine Augen wirken dunkel im grünen Dämmerlicht des Regenwaldes. „Pack deinen Rucksack. Nur eine Wasserflasche und ein paar Energieriegel. Sobald der Copter zurück ist, geht es los.“

Mein Herz pocht wie nach einem Sprint, als ich an einem der Kanister meine Wasserflasche auffülle. Wahrscheinlich ist es ebenso verboten wie diese Holzfällerei, was Falk und die anderen vorhaben. Noch kann ich mich raushalten, vermutlich wäre das den anderen sogar lieber, aber will ich das wirklich? Eigentlich habe ich mich doch schon entschieden, sonst würde ich jetzt nicht hastig meinen Rucksack packen. Ich bürge für sie. Das hat so gut getan. Womit habe ich eigentlich verdient, dass er mir vertraut?

Innerhalb von fünf Minuten bin ich bereit und warte auf die anderen, nervös wie ein Rennpferd kurz vor dem Start. Lindy trennt sich gerade von ihrem roten Käppi, das an einem Haken im Vorratszelt auf sie warten muss, und kalkuliert auf einem GPS-Empfänger unsere Route, dann geht es los.

Lindy geht voraus, mit schnellen, raumgreifenden Schritten. Sie geht fast so elegant mit der Machete um wie unser ehemaliger einheimischer Guide, die Klinge zeichnet genau abgezirkelte silberne Bögen durch die Luft. Ich passe mich an Lindys Tempo an und hoffe, dass ich es genauso lange durchhalten kann wie sie. Falk läuft hinter mir.

Kein einziges Mal schaut Lindy zurück, sie verlässt sich einfach darauf, dass wir es schaffen, ihr zu folgen. Es tut gut, so schnell zu gehen, mein Körper streckt sich, ist froh, endlich mal wieder gefordert zu werden. Seit Tagen habe ich nicht mehr trainiert, das Laufen hat mir gefehlt.

Immer wieder waten wir durch Bäche, die von den Tafelbergen hinunterströmen; meine Schuhe sind schon bald klatschnass und meine restlichen Klamotten völlig durchgeschwitzt. Hoffentlich scheuere ich mir nicht die Haut auf, ich habe in der Eile nicht daran gedacht, kritische Stellen mit Vaseline einzuschmieren. Weiter, weiter, immer weiter. Falk sagt kein Wort. Ist er sauer auf mich? Bereut er es schon, dass er für mich gebürgt hat? Oder will er einfach nicht, dass ich ihn über das geheime Projekt ausquetsche? Aber vielleicht weiß ich sowieso bald, worum es geht.

Ich stolpere über haarfeine, aber zähe Lianen, die quer über den Pfad verlaufen, au, verdammt! Kurz darauf umschwirren mich auch noch winzige Bienen und versuchen in meine Ohren und Nasenlöcher zu kriechen. „Stechen die?“, keuche ich. Lindy schüttelt den Kopf. Als ich die Bienen daran hindern will, meine Ohren als gemütliche Höhle zu benutzen, zerquetsche ich die Tierchen versehentlich und kriege sie nicht mehr raus aus ihren Verstecken. Jetzt fühlen sie sich an wie Wachspfropfen in meinen Ohren. Uäh!

„Besser, man lässt sie einfach kriechen, wohin sie wollen“, sagt Falk, endlich sagt er etwas.

„Meine Nase gehört immer noch mir!“, brumme ich und wedele mit der Hand vor meinem Gesicht herum. Durch die Bienen bin ich ein Stück zurückgefallen, und ich gehe schneller, um Lindy wieder einzuholen. Das feuchtwarme Klima, an das ich mich noch nicht gewöhnen konnte, macht mir zu schaffen. Ständig muss ich meine Aqua-Pur-Flasche an Bächen, die wir passieren, auffüllen und dann quälende zwanzig Minuten warten, bis die chemischen Filter das Wasser gereinigt haben. Inzwischen könnte ich auch gut mal eine Pause gebrauchen, aber Lindy scheint keine eingeplant zu haben. Ihr Tempo ist gnadenlos, auch nach einer Stunde, nach zwei Stunden … müssten wir nicht bald da sein? Verbissen treibe ich mich voran, gebe der Erschöpfung keine Chance, über mich herzufallen, denke nur an das Ziel. Ich werde weiterlaufen, bis ich neben dem Pfad zusammenbreche, vielleicht kann ich dadurch den peinlichen Auftritt gestern wieder wettmachen.

Nach einer Ewigkeit sagt Lindy nach einem Blick auf ihr GPS: „Leise! Wir sind in der Nähe.“

Ja, ich rieche schon den Rauch, der Menschen verrät. Wir nähern uns gegen den Wind. Während wir voranschleichen, lässt mir die Ungewissheit keine Ruhe. Was genau soll das denn nun werden? Wir sind zu dritt, und meines Wissens bis auf die Machete unbewaffnet, während die Holzfäller wahrscheinlich über Motorsägen, Äxte und vermutlich auch das eine oder andere Maschinengewehr verfügen. Irgendwo habe ich gelesen, dass das Holz jedes Urwaldriesen fast hunderttausend Dollar wert ist. Diese fette Beute werden sie sich nicht ohne weiteres abnehmen lassen.

Das Lärmen der Motorsägen ist weithin zu hören, und ich habe einen Kloß im Hals, als wir am ersten Baumstumpf vorbeikommen. Er ist riesig, wir könnten uns alle drei gemeinsam darauf legen und keine unserer Zehen würde über den Rand ragen. Dunkelrot und fest, ein bisschen wie Fleisch, sieht das Holz aus. Jahrhundertelang hatten die Menschen keine Chance, diese Bäume zu fällen. Das Holz war zu hart, ihre Äxte wurden stumpf dabei. Wer hat eigentlich die Motorsäge erfunden? Ich würde ihn in diesem Moment gerne erwürgen, und Falk sieht so aus, als ginge ihm etwas Ähnliches durch den Kopf. Wir sehen uns an und verstehen uns wortlos. Jetzt wissen wir wieder, wofür wir kämpfen – Falk hat es sicher nie vergessen.

Lindy macht eine kurze Geste und wir gehen in Deckung, meine verschwitzte Haut wird mit pudriger Erde und Holzspänen paniert. In der Ferne sehe ich einen der Holzfäller, er trägt eine abgetragene braune Hose, ein Hemd, das vielleicht einmal rot gewesen ist, und Sandalen. Gerade konzentriert er sich darauf, Äste von einem Baum abzutrennen – Äste, die vor ein paar Stunden noch Heimat von Tausenden Pflanzen, Hunderten Vögeln, Fröschen, Schleichkatzen, Affen waren. Er ruft jemandem etwas zu, was ich nicht verstehe, ein Scherz vielleicht. Dann röhrt seine Motorsäge wieder los, frisst sich so mühelos durch das Holz, als sei es in Wahrheit nur Pappmaché. In der Ferne, auf der anderen Seite der Lichtung, kann ich erkennen, wie gerade ein Baum kippt, abgerissene Lianen peitschen durch die Luft. Die Erschütterung, als der Stamm auf den Boden trifft, spüre ich bis hier. Was auch immer Lindy und Falk vorhaben, hoffentlich machen sie es bald!

Ja, jetzt ist es soweit, sie nicken sich zu. Endlich. Mein ganzer Körper spannt sich an, ich bin bereit aufzuspringen. Doch Falk flüstert mir ins Ohr: „Warte hier. Warne uns, wenn irgendwas ist, okay?“

Enttäuscht nicke ich und hauche ein „Viel Glück“ zurück. Sie brauchen jemanden zum Wachestehen, das ist alles. Wahrscheinlich werde ich nicht mal erfahren, was genau sie machen. Falk küsst mich kurz zum Abschied, dann stemmt er sich in einer geschmeidigen Bewegung hoch und arbeitet sich geduckt weiter vor. Lindy folgt ihm. Schon nach wenigen Sekunden sind sie hinter den Baumstümpfen außer Sicht.

Was haben die beiden vor? Unruhig und neugierig zugleich halte ich Ausschau und werfe zwischendurch einen Blick auf die Uhr. Zehn Minuten sind die beiden weg, dann sind es schon zwanzig. Verdammt, hoffentlich ist alles in Ordnung. Nichts bewegt sich bei den Holzfällern, die Männer zerlegen noch immer ihre Beute, bis der Körper des Riesen nackt und schutzlos daliegt, gewaltig wie ein gestrandeter Wal. Jetzt sehe ich zwei Männer, sie scheinen keinen Verdacht geschöpft zu haben und unterhalten sich ganz arglos, lassen eine Thermoskanne herumgehen. So abgerissen wie diese Kerle aussehen, sind es auch nur arme Schweine, es sind ja immer Händler, die den ganzen Profit einstecken …

Ich zucke zusammen, als Falk und Lindy plötzlich wieder auftauchen. „Alles klar?“, flüstere ich, und sie nicken zufrieden. Verwirrt lasse ich den Blick noch einmal über die abgeholzte Fläche schweifen. Was haben die beiden getan? Man sieht nichts, man hört nichts, und das Bäumefällen geht weiter, als sei gar nichts geschehen!

„War´s das schon?“, frage ich zur Sicherheit.

„Ja, los geht´s nach Hause“, bestätigt Lindy leise und marschiert ab, ohne auf meine Antwort zu warten.

Wahrscheinlich sieht Falk mir an, wie enttäuscht ich bin, denn er grinst plötzlich. „Warten ist nicht deine Stärke, was?“, wispert er, und mir fällt keine richtige Antwort ein, denn er hat Recht. Aber worauf genau sollen wir denn warten – dass die Holzfäller in irgendwelche Fallen tappen, die Lindy und Falk aufgestellt haben? Was für Fallen hätten denn überhaupt in ihre Rucksäcke gepasst?

Sieht so aus, als hätte ich keine andere Wahl, ich muss mich gedulden, bis ich die Antwort herausfinde. Jetzt ziehen Falk und ich uns erst einmal vorsichtig zurück, um nicht im letzten Moment noch entdeckt zu werden.

Auf dem Rückweg hat Lindy es nicht ganz so eilig, und als wir in sicherer Entfernung sind, nimmt sie sich sogar die Zeit für eine Unterhaltung mit mir. „Du magst den Wald, stimmt´s?“, fragt sie. „Fand ich gut, dass du neulich mal allein losgegangen bist. Es ist so schade, dass viele Leute sich das nicht trauen..“

„Warum sie das nicht tun, verstehe ich schon irgendwie“, meine ich und denke an die Insekten, die ich hier gesehen habe und die in einem Horrorfilm locker als Mutanten aus dem All durchgehen würden.

„Wenn du dich auskennst, ist es wirklich halb so wild. Soll ich dir zeigen, worauf es ankommt?“ Lindy strahlt mich an. Ganz klar, bei ihr habe ich ordentlich Punkte gewonnen dadurch, dass ich bei dieser Aktion dabei war.

„Hey, das hast du ja nicht mal mir angeboten“, ruft Falk von hinten.

Lindy kichert. „Brauchte ich nicht, du hast mir doch sowiesobei den letzten beiden Trips Löcher in den Bauch gefragt. Also Cat, merk dir – die Pflanzen im Regenwald möglichst nicht anfassen.“

„Wieso? Weil sie giftig sind?“

„Zum Beispiel. Aber auch weil du vorher nicht weißt, welche von ihnen Beschützer haben“, erklärt Lindy und klopft vorsichtig gegen die Rinde eines gerade mal armdicken Baumes mit heller Rinde. Fast sofort quellen wütende Ameisen aus Öffnungen im Stamm, bereit zum Angriff. Rasch zieht Lindy sich zurück. „Der Ameisenbaum bietet ihnen eine Wohnung und Nahrung, dafür schützen sie ihn. Ein guter Deal für beide.“

„Ich war mal einen Meter von so einem Baum entfernt, und irgendwie haben sie gewusst, dass ich da bin, und sind rausgekommen“, fügt Falk hinzu und Lindy nickt. „Sogar der Geruch eines Menschen reicht, um sie aufzuhetzen.“

„Aber gegen Kettensägen können sie ihren Baum nicht beschützen“, sage ich traurig und kann nicht widerstehen, hinzuzufügen: „Was habt ihr denn nun gemacht dort bei den Holzfällern?“

„Wenn es geklappt hat, wirst du es bald erfahren“, erklärt Lindy mit ihrem charmantesten Lächeln, und mehr wollen weder sie noch Falk mir verraten.

Wir kehren kurz vor Sonnenuntergang ins Camp zurück. Fragende Blicke empfangen uns, und als Falk und Lindy nicken, klatschen sich Pancake und Michelle mit einem High-Five ab. Mir klopft Pancake auf die Schulter, und – was das Wichtigste ist – Falk legt den Arm um meine Schultern. Einen Moment lang genieße ich einfach seine Berührung und den Frieden, der wieder in mir eingekehrt ist.

Dann ruft Jonas zum Essen, und ich gehe vorher noch schnell mein Handy checken. Es hat sich leider nicht wieder erholt, jetzt lässt es sich nicht mal mehr anmachen. Aber das ist nicht so schlimm, ich kann schließlich noch über mein kleines Pad Mails schreiben und über die Satellitenverbindung des Camps abschicken.

Den Rest des Abends verbringen wir alle am Fluss und hocken uns an das steinige Ufer. Friedlich liegt der Mazaruni River im Abendlicht, eine schimmernde Fläche, in der sich die üppigen Zweige des Ufers spiegeln. Über uns leuchtet der Himmel in Rot- und Orangetönen, und die vielen Blüten des Dschungel duften um die Wette. Ich fühle mich angenehm erschöpft, genieße den herrlichen Blick und dass Falk ganz nah neben mir sitzt. Unsere Finger haben sich verwoben und keiner von uns mag loslassen.

(…)

Als ich am nächsten Morgen aufwache, bin ich allein in der Hängematte, das Surren des Quadrocopters hat mich geweckt. Falk hockt am Ausrüstungszelt, einen schwarzen Kaffee und den gähnenden Pancake neben sich. Konzentriert steuert er unser fliegendes Auge zu den Holzfällern – sie sind schon wieder bei der Arbeit, als sei nichts geschehen. Falks Knöchel werden weiß, so heftig umklammert er die Fernbedienung, ich rechne jeden Moment damit, dass er sie beiseite schleudert. Aber er tut es nicht, sondern legt den Quadrocopter einfach in die Kurve und bringt ihn heim.

„Keine Panik“, sagt Pancake und gähnt schon wieder, seine Augen sind gerötet von zu wenig Schlaf und dem Rauch des Lagerfeuers. Sein dünnes orangefarbenes T-Shirt spannt über seinem Bauch. „So schnell geht das doch eh nicht. Ich wette auf Übermorgen.“

Er behält Recht. Am übernächsten Morgen – Jonas ist schon losgeklettert in seine Baumwipfel – hat sich im Holzfällerlager etwas verändert. Ich sehe eine Motorsäge herumliegen, wo ist ihr Besitzer? Auf den ersten Blick sieht das Lager verlassen aus, nichts bewegt sich, kein Rauch steigt mehr auf. Doch auf den zweiten Blick sehe ich zwei Männer, der eine schnürt hastig irgendetwas zusammen – eine Decke? Seine Hängematte? – der andere taumelt auf den Wald zu, er scheint es eilig zu haben.

„Wo will der denn hin?“, murmele ich verblüfft.

„Wahrscheinlich einfach weg“, sagt Falk. „Raus aus der grünen Hölle.“

Als er sich zu uns umdreht, sehe ich unter der Datenbrille das breite Grinsen auf seinem Gesicht. Falk stellt auf automatische Steuerung um, dann umarmen er und Pancake sich und klopfen sich auf den Rücken. Jetzt kommen auch Lindy und Michelle hinzu, es gibt wieder High-Fives. Ich freue mich, dass die restlichen Bäume in dieser Gegend vielleicht verschont bleiben, aber die Begeisterung der anderen zu teilen schaffe ich nicht, dazu finde ich das alles zu rätselhaft.

Ich wende mich an Falk. „So. Jetzt reicht´s mir. Ich will endlich wissen, was hier los ist und was ihr gemacht habt!“

Die anderen sehen sich an, nicken.

„Okay“, sagt Falk, übergibt Datenbrille und Fernsteuerung an Michelle und richtet sich auf. „Reden wir Klartext, Cat. Ich denke, das sind wir dir schuldig.“

 

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