Entstehungsgeschichte der Daresh- und Feuerblüte-Trilogien

Wie alles anfing? Mit dem Ueberreuter Verlag. Mit dem es ja auch – im übertragenen Sinne – endete. Ich glaube, es war das Jahr 1994, als ich im Institut für Jugendbuchforschung in Frankfurt, wo ich studierte, einen Aushang sah: Der Verlag suchte einen Fantasyroman für Jugendliche und würde die beste Einsendung mit dem Hohlbein-Preis honorieren. Toll, dachte ich, da mache ich mit. Dass ich bisher vor allem Science Fiction und Abenteuergeschichten geschrieben hatte und all meine Manuskripte in der Schublade vermoderten, störte mich nicht weiter.

Writer´s Block

Doch das, was ich mir vorgestellt hatte – schnell mal bis zum Herbst einen Fantasyroman schreiben – funktionierte natürlich nicht. Zwar war der Anfang flott heruntergeschrieben, aber das war´s dann auch erstmal. Schreibblockade. Mir wurde schnell klar, woran das lag: Noch entzogen sich mir die Figuren, sie waren noch zu wolkig, die Welt Daresh gefiel mir noch nicht – zu wenig exotisch – und ich haderte mit der Frage, ob es denn nun eigentlich ein Jugendroman oder ein Erwachsenenbuch werden sollte. Lange Zeit stand es auf der Kippe, und ich denke heute noch, dass auch ein Erwachsener seinen Spaß an den Daresh-Büchern haben kann.

Kritik und Rotwein

In den nächsten Jahren (der Einsendeschluß für den Hohlbein-Preis war längst verstrichen) arbeitete ich zäh an dem Manuskript. Immer, wenn ich etwas Neues geschrieben hatte, las ich es meinen Freunden vor. Denn alle zwei Wochen trafen wir uns im Frankfurter Schriftstellerkreis und hörten uns an, was die „Kollegen“ zu unseren Texten zu sagen hatte. Bissige Kritik und Lob, und dazu Ströme von Rotwein – so sahen unsere Treffen aus. Die anderen Autoren holten mich unzählige Male von der falschen Spur, ihre Tipps waren unschätzbar wertvoll. Als das Manuskript endlich fertig war, trugen auch meine vielen Testleser (meist gute Freunde ohne falsche Scheu, mich zu kritisieren) viel dazu bei, aus dem Buch das zu machen, was ich damals noch für eine „runde Sache“ hielt.

Ein Glücksfall und ein schwerer Schlag

Ich hatte Glück – während einer früheren Recherche hatte ich einen Jugendbuchlektor kennengelernt, und er begeisterte sich spontan für das Manuskript: „Das machen wir!“ Aber erst stand natürlich die Überarbeitung an. Geduldig arbeitete Gerd Rumler mit mir am Manuskript und gab mir noch einige entscheidende Hinweise. Ohne ihn hätte es den Showdown in dieser Form nicht gegeben und auch die Szenen mit dem alten Archivar hat er „angestoßen“. Dass es mit der Veröffentlichung bei seinem Verlag dann doch nicht klappte, war nicht seine Schuld. „Wir wollen doch lieber kein Fantasy machen“, hieß es letztlich von der Verlagsleitung.

Reisen nach Wien

Also wieder von Null anfangen und das Manuskript herumschicken. Erst Absagen – und dann, nachdem das Manuskript ein Jahr lang auf irgendeinem Stapel gelegen hatte, eine begeisterte Zusage von Ueberreuter. Auf der Frankfurter Buchmesse schlossen wir den Vertrag. Ich schwebte buchstäblich auf irgendeiner Wolke davon. Fühlte mich endlich einmal wieder mit meiner Prosa erwünscht, geschätzt. Ein kurzer Besuch bei Ueberreuter in Wien bestätigte die gegenseitige Sympathie. Im Weihnachtsurlaub begann ich, beflügelt von all diesen wunderbaren Erfahrungen, mit dem zweiten Band der Trilogie, dessen Handlung schon längst konzipiert war. Diesmal ging es mit dem Schreiben auch wesentlich flotter, denn ich musste nicht mehr um das Konzept ringen, wußte, wohin ich wollte und kannte die Personen und Daresh in- und auswendig.

Mit dem ersten Band – der mittlerweile vier Überarbeitungen erlebt hatte und den ich für die Veröffentlichung bei Ueberreuter leicht kürzen mußte – ging nun alles ganz schnell: Innerhalb von ein paar Tagen mussten die Fahnen korrigiert werden, dann gab es auch schon einen neuen Titel und ein Cover. Die Leiterin Jugendbuch schlug mir vor, den Verlagsvertretern das Buch selbst in Wien vorzustellen, und so reiste ich noch einmal nach Österreich und begann parallel dazu, diese Website zu entwerfen.

Grau wie das Wasser, Rot wie der Mond

Es kostete mich und den Verlag viel Kopfzerbrechen, bis wir uns endlich auf einen Titel geeinigt hatten. Während seiner Entstehung hieß der Roman Feuer, Wasser, Erde, Luft – aber niemand konnte sich die Reihenfolge merken, und außerdem gab es schon ein Buch mit diesem Titel. Dann nahm ich mit Grau wie das Wasser, Rot wie der Mond einige Worte aus der Formel heraus, die Rena von Cchrlanho bekommt. Aber das war zu lang, also hieß die nächste Fassung Der Ruf der Quelle. Was dem Verlag dann aber zu sehr nach Heimatroman klang. Sein Gegenvorschlag: Das geheimnisvolle Amulett. Doch als das Cover fertig war, paßte der Titel auf einmal nicht mehr dazu, und so heißt das Buch heute Der Verrat der Feuergilde. Und alle waren vor allem froh, dass die Titelfrage endlich geklärt war und dass es das Buch endlich in die Buchhandlungen geschafft hat!

Die Reihe wird fortgesetzt

Zu Anfang hatte ich nicht an eine Trilogie gedacht, deshalb ist die Reihe „Kampf um Daresh“ auch nicht konsequent als solche angelegt. Aber dann schrieb ich in der magischen Atmosphäre eines zerfallenden Landhauses in einem französischen Dorf – bei einem Treffen meiner Frankfurter Schriftstellerfreunde – eine Szene auf, die mir schon lange im Kopf herumspukte. Wie Rena Alix, die nur noch ein Schatten ihrer selbst ist, in einem dreckigen Wirtshaus findet. Doch als ich das schrieb, sah es nicht mal so aus, als würde der erste Band irgendwann einen Verlag finden. Also vermoderte die Datei in den Tiefen meines Computers. Bis die Zusage von Ueberreuter kam. Endlich veröffentlicht zu werden gab mir einen solchen kreativen Schub, dass ich sofort mit dem zweiten Band begann, dessen Handlung sich in meinem Kopf längst auskristallisiert hatte. Ich begann in den Weihnachtsferien damit, zwei Stunden jeden Tag zog ich mich mit Laptop und CD-Player in irgendeine Ecke zurück und versenkte mich in Daresh. Selten ist mir ein Buch so leicht von der Hand gegangen. In einem genussvollen Schreibrausch, der sich über wenige Monate hinzog, schrieb ich den Propheten des Phönix fertig. Fast nur am Abend und am Wochenende, weil ich parallel dazu an einem Sachbuch arbeiten und tagsüber meine Aufgaben als Redakteurin erfüllen mußte. Die Idee, dass sich Alix und Tavian ja eigentlich verlieben könnten, war der letzte Funke, der noch gefehlt hatte. Noch heute zählt Alix und Tavians Begegnung am Schluß des Buches zu meinen absoluten Lieblingsszenen. Zu meiner Erleichterung waren auch die Testleser von meinem neuen Manuskript angetan, fanden es sogar spannender als den ersten Band. Und so ging das Buch mit wenigen Änderungen in Druck – noch bevor absehbar war, dass der neue Potter einen leicht ähnlichen Titel haben würde.

Der Smaragdgarten

Als ich den zweiten Band geschrieben hatte, war mir klar, dass „Kampf um Daresh“ eine Trilogie werden würde – werden mußte. In meinem Kopf lagerte schon längst eine Idee für einen dritten Band. Diesmal sollten die Halbmenschen im Mittelpunkt stehen, sollte Rena, um einen Mord aufzuklären, eine zeitlang mit Storch- und Krötenmenschen leben. Andere Kulturen haben mich schon immer fasziniert, und damit auch Rena.
Einen Vertrag hatte ich auch schon, bevor ich eine Zeile geschrieben hatte. Wie so oft begann ich im Weihnachtsurlaub mit dem Schreiben, in einem alten Bauernhaus in Franken diesmal, mit einem Kerzenleuchter neben mir und der Musik von Loreena McKennitt im Ohr. Ich, Christian und Anja hatten viel Spaß dabei, uns die seltsamen Tiere und Pflanzen des Lixantha-Dschungels auszudenken. Wieder ging mir das Schreiben leicht von der Hand. Ich tippte daheim, in Zügen, im Hotelzimmer auf Lesereise.

Tjeri erwacht zum Leben

Rowan sollte diesmal nicht dabei sein, schon im zweiten Band hatte ich meine Probleme mit ihm und eigentlich hatte ich keine Lust mehr auf diese Figur. Es war Zeit für jemand Neues in Renas Leben. Aber sowohl Tjeri als auch Corvus weigerten sich, lebendig zu werden. In einem Hotelzimmer in Reutlingen sprang dann doch noch der Funke über, schlagartig verliebten sich sowohl ich als auch Rena in Tjeri. Von da an war eigentlich alles klar. Noch leichter wurde es, als ich beim Zahnarzt, als ich gerade in einem GEO-Heft blätterte, ein Bild von jemand fand, der Tjeri – so wie ich ihn mir vorstellte – ähnlich sah. Ich widerstand der Versuchung, das Heft sofort zu klauen, und besorgte mir die Ausgabe. Auch Corvus´ Motivation und Persönlichkeit wurde mir immer klarer – es half sehr, eine Passage aus seiner Perspektive zu schreiben.
Es machte enormen Spaß, den Rest des Manuskripts zu schreiben. Zu Anfang wußte ich nicht genau, wie das Buch ausgehen sollte, die Idee mit dem Sumpf und dem Smaragdgarten entwickelte sich nach und nach beim Schreiben. Aufgeregt wie immer wartete ich auf das Feedback meiner Testleser, das diesmal sehr unterschiedlich war. Der Schluss erntete heftige Proteste, so dass ich beinahe eingeknickt wäre und ihn geändert hatte. Aber nur beinahe. Manche fanden den Anfang langatmig, andere (zum Glück auch meine Lektorin) sagten, dieser Band gefalle ihnen von den Daresh-Büchern am besten. Allerdings erwies er sich als zu lang, zwanzig Seiten mußte ich kürzen. Komplette Szenen flogen heraus und auch den Rest straffte ich ohne Gnade – was dem Buch gut tat und auf der Homepage die Rubrik „Outtakes“ bereichern wird. Schwierig wurde mal wieder die Titelsuche, meinen ursprünglichen Vorschlag Der Gesang der Wälder fand der Verlag zu Heimatroman-mäßig. Nach langem Hin und her einigten wir uns auf Der Ruf des Smaragdgartens.

Neuausgabe bei Fischer

Weil die Daresh-Romane als gedruckte Bücher irgendwann vergriffen (also ausverkauft) waren, haben ich habe mich natürlich sehr darüber gefreut, dass der Fischer Verlag sie 2022/2023 neu herausbringen wollte – und sogar als schickes Hardcover mit Landkarte! Allerdings war mir, nachdem ich sie nochmal durchgelesen hatte, klar, dass ich sie nochmal streng überarbeiten musste und wollte … schließlich hatte ich die Romane vor 20 Jahren geschrieben und mich seither weiterentwickelt. Also besprach ich mit meiner Lektorin Charlotte Hütten, wie ich die Bücher noch besser machen könnte (vor allem die Love Storys funktionierten nicht so richtig …) und schwitzte mehrere Wochen an der Überarbeitung, bei der ich auch einige neue Szenen schrieb. Währenddessen setzte sich eine amerikanische Illustratorin an die neuen Cover – der erste Entwurf war nicht so toll, aber der nächste schon richtig gut! Wir entschieden, die Titel der Romane zu ändern, und so lauten sie jetzt „Im Herz des Weißen Waldes„, „Im Tal des Kalten Feuers“ und „Das Land der flüsternden Seen„. Ich wünsche euch ganz viel Spaß bei der Lektüre! Wenn die Daresh-Romane euch gefallen haben, könnt ihr mit „Feuerblüte“, der Trilogie über Alix´ Tochter rebellische Alena, gleich weiterlesen.

Next generation

Feuerblüte, meine neue Daresh-Trilogie, spielt 14 Jahre nach den Ereignissen des letzten Kampf um Daresh-Bands. Eine der Hauptfiguren – Alix, die raue, aber herzliche Schwertkämpferin der Feuer-Gilde – lebt nicht mehr, aber sie hat eine Tochter hinterlassen: Alena. Nachdem ich die drei „Kampf um Daresh“-Bände geschrieben hatte, merkte ich, dass ich mit Daresh – und meinen Figuren – noch nicht fertig war. Es gab noch Geschichten, die ich über sie erzählen wollte. Dazu zählt die Vergangenheit von Tjeri, aber vor allem auch Alix´ Tochter Alena. Ich wollte unbedingt beschreiben, was passiert, als sie und Rena (Hauptfigur der ersten drei Bände) sich treffen und zusammen reisen. Die beiden sind so unterschiedlich, wie Erde und Feuer nur sein können: Rena, inzwischen Mitte Dreißig, ist klein und klug, eine ruhige Frau, die als Vermittlerin und Friedensbringerin berühmt und beliebt geworden ist – mit Menschen kennt sie sich aus. Alena ist wild, rebellisch und schon mit 15 eine der besten Schwertkämpferinnen der Gegend. Sie hat sich in ihrem Dorf schon mit fast jedem angelegt, nicht zuletzt deshalb, weil sie keine Ungerechtigkeiten erträgt. Freunde hat sie zu Anfang praktisch keine, bis auf den Iltismensch Cchraskar, mit sie aufgewachsen ist.

Alena fasziniert mich noch immer. Sie ist komplexer und vielschichtiger als Alix, und ich konnte gar nicht erwarten, über sie zu schreiben. Vielleicht weil ich so anders bin als sie und Alix – ich identifiziere mich eher mit Rena. In Alena habe ich manche Eigenschaften meiner Schwester Sonja einfließen lassen, ihr ist der erste Band gewidmet.
Ich hatte keine Ahnung, ob Alena meine Leser ebenso interessieren würde wie mich. Die meisten waren ja noch sauer auf mich, weil ich Alix hatte sterben lassen. Aber ich schrieb im Sommer 2003 einfach drauflos. Genau das, was ich erzählen wollte. Zum Glück kam auch das OK von Ueberreuter für die Trilogie, obwohl das Warten bis zum Erscheinungstermin im Sommer 2005 mir diesmal arg lang wurde.

Voll im Schreibrausch

Von Anfang an hatte ich ein gutes Gefühl bei diesem Buch. Selten hat es mir so viel Spaß gemacht, einen Text zu schreiben – als mein Freund gerade auf Geschäftsreise war, verfiel ich (weil gerade auch ein paar schön emotionale Szenen anstanden) förmlich in einen Schreibrausch, hockte Tag und Nacht bei offenem Fenster und brütenden Temperaturen am Computer, schon um vier Uhr früh trieben mich die Ideen ans Terminal. So sind die Szenen rund um Tjeris Koma, Renas Versammlung am Herztor und Alenas erste Begegnung mit Cano entstanden. So ein Rausch ist besser als jede Droge, und die Szenen, die darin entstehen, sind meistens gut. Leider halte ich so etwas nie länger als drei Tage durch. Den Rest schrieb ich relativ zivilisiert. An Weihnachten 2003 war ich fertig und gab das Buch meinen bewährten Testlesern, die mich unter anderem zu einem neuen Einstieg inspirierten (die Szene mit dem Dhatla und Zarko). Ich hatte meine Freunde und meine Lektorin bei der Suche nach einem Namen für Alix´ Tochter schon ganz schön genervt – ich war so unentschlossen wie selten zuvor, wusste zwar, wie der Name klingen sollte, schwankte aber zwischen drei Schreibweisen und ganz neuen Ideen. Die Blitz-Umfrage ergab einen klaren Sieg für „Alena“ – die Namen, die sonst noch zur Auswahl waren, werde ich einfach in einem anderen Buch verwenden.
Ein schönes Highlight war für mich auch, dass ich durch Feuerblüte nach Jahrzehnten wieder angefangen habe zu Zeichnen. Erst wollte ich nur Skizzen und Pläne vom Palast der Trauer anfertigen, doch dann wurde mehr daraus, ich begann die Figuren zu portätieren, die ich aus langen Jahren in Daresh so gut kannte. Nicht immer ist es mir geglückt, die genaue Vorstellung aus meinem Kopf auf Papier zu bannen, aber Spaß gemacht hat´s allemal.

Jorak betritt die Bühne

Aus dem ersten Band entstand schon der Keim des zweiten: Wieder mal interessierte mich der Zusammenprall zweier Figuren. Diesmal waren es Alena und Jorak, der junge Gildenlose. Während Kerrik mir Schwierigkeiten machte und in der ersten Fassung von Feuerblüte 1 als ziemliches Weichei rüberkam, hat mich Jorak von Anfang an fasziniert. Schnell wurde klar, dass er, der pfiffige Überlebenskünstler, der jeden Tag etwas Neues probiert, ab Band 2 eine der neuen Hauptfiguren werden würde. Als ich aus seiner Perspektive zu schreiben begann, wuchs er mir noch mehr ans Herz. Durch die Hölle ließ ich ihn in Band 2 natürlich trotzdem gehen.

 

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