Interview mit Sabine Kosmin, Mai 07

Interview mit Sabine Kosmin, Mai 2007 – hier geht es vor allem ums Schreiben und meine Art des Arbeitens.

Wie lange brauchst du in der Regel für die Rohfassung eines Romans?
Das variiert stark. Für den ersten, der später veröffentlicht wurde („Der Verrat der Feuer-Gilde“) habe ich etwa vier Jahre gebraucht, weil ich endlos an Welt, Personen und Figuren herumtüfteln musste, bis ich das Gefühl hatte, es funktioniert. Manchmal musste ich ganze Handlungsstränge wieder herauswerfen. Zum Glück hatte ich damals das Glück, dass ich viele dieser Textteile im Frankfurter Schriftstellerkreis vortragen konnte – das Feedback hat mir sehr geholfen.
Normal ist, dass ich vier bis sechs Monate für einen Roman brauche. Es kommt aber auch dabei sehr darauf an, wie stark er in mir „zündet“ und wie klar der rote Faden der Handlung schon ist. „Der Prophet des Phönix“ und „DelfinTeam 2“ habe ich zum Beispiel recht schnell geschrieben, vorangetragen von der Energie der Figuren, deren Geschichte ich unbedingt weiter erzählen wollte.

Wieviele Manuskripte hast du schon geschrieben, bevor dein erstes veröffentlichungsreif war?
Muss ich bei Gelegenheit mal nachzählen. Über den Daumen gepeilt sechzehn oder siebzehn Romanmanuskripte, alles Werke, die ich zwischen 13 und 25 geschrieben habe. Darüber hinaus jede Menge Kurzgeschichten. Meine autobiografische Lehrzeit war lang. Vieles von dem, was ich früher geschrieben habe, finde ich immer noch gut, es ist aber leider nicht „marktgerecht“, so dass es keinen großen Sinn macht, es anzubieten. Oder ich müsste so viel daran überarbeiten, dass ich lieber etwas Neues schreibe.

Musst du bei der Überarbeitung eher kürzen oder verlängern?
Früher neigte ich dazu, zu kurz zu schreiben, inzwischen schreibe ich regelmäßig zu viel. Das liegt daran, dass ich inzwischen viel mehr Atmosphäre einbringe und die Figuren und Handlung noch gründlicher entwickele. Die Zeit muss sein, finde ich. Manchmal ist es sehr schwer, etwas zu kürzen, weil alle Teile des Romans stark ineinander greifen, anderen Projekten, zum Beispiel dem „Ruf des Smaragdgartens“, hat es gut getan. Der Roman ist durch die Kürzungen straffer und schlanker geworden und las sich viel besser. Man sollte als Autor also die Disziplin aufbringen, zu kürzen, und wenn man Glück hat, hilft einem die Lektorin dabei (man selbst wird ja schnell betriebsblind und sieht nicht mehr, wo die Kürzungspotenziale liegen).

Wie lange brauchst du für die Rohfassung, wie lange für die Überarbeitung, wie lange lässt du den Gegenlesern Zeit?
Die Rohfassung braucht die erwähnten vier bis sechs Monate (inzwischen würde ich wahrscheinlich länger brauchen, weil ich jetzt ein Baby habe). lasse ich meinen Gegenlesern ca. zwei Monate Zeit – leider sind die meisten privat, beruflich oder schulisch sehr eingespannt und schaffen es nicht schneller, das ist eine arge Geduldsprobe. Die eigentliche Überarbeitung ziehe ich dann innerhalb ca. einer Woche durch. Wenn ich einen großen Teil der Handlung umschmeißen muss, dauert es natürlich länger, aber das ist mir lange nicht mehr passiert, weil ich inzwischen sehr gründlich plane (muss ich, der Verlag möchte ja vorab ein Exposé).

Wie viele Gegenleser hast du? Variieren diese oder nimmst du immer die gleichen?
Zwischen fünf und zehn Personen, je nach Roman. Ich habe ein paar bewährte Leute, die immer mitlesen, zum Beispiel mein Mann Christian oder meine Freundin Isabel Abedi. Besonders Isabels Kommentare sind unschätzbar wertvoll, weil sie als Autorin ein perfektes Gespür für Texte hat. Hinzu kommen diverse andere Testleser und einige Jugendliche (bei Jugendromanen). Man sollte nicht zu wenige Testleser verwenden, weil jedem Menschen andere Dinge auffallen und man dadurch eine breite Fächerung des Feedbacks bekommt. Vieles ist auch Geschmackssache, da ist mit eine Vielfalt der Meinungen und Geschmäcker wichtig. Leider muss man immer wieder neue Testleser suchen, weil manche sich nicht (mehr) bewähren oder man speziell für bestimmte Projekte jemanden sucht, der sich dafür thematisch interessiert.

Was ist zuerst da? Die Charaktere, die Geschichte?
Ganz unterschiedlich. Bei „Feuerblüte“ waren erst die Charaktere da, und ich wollte beschreiben was passiert, als sich diese unterschiedlichen Menschen begegnen. Alles andere hat sich daraus ergeben, und aus der Persönlichkeit von Alena, der Hauptfigur. Bei anderen Büchern, zum Beispiel war erst die Grundidee da – Menschen und Delfine arbeiten zusammen und übernehmen weltwelt Aufträge. Die Figuren waren dann teils autobiografisch inspiriert, teils zum Thema passend erfunden.

Wie lange reift die Idee in deinem Kopf, bevor du beginnst das Manuskript zu schreiben?
Dazu brauche ich nicht besonders lange, gewöhnlich ein paar Wochen oder auch nur eine Woche, wenn ich ein Exposé abgeben muss und unter Zeitdruck stehe. Aber manch eine Idee ist so unausgegoren, dass sie über Jahre reifen muss – zum Beispiel musste ich mir extrem viel Zeit für meinen neusten Fantasyroman „Der Sucher“ nehmen, bis sich die Handlung und Figuren so herausgeschält haben, dass alles einen Sinn ergab. Die Mühe hat sich gelohnt, manche Projekte brauchen diese Zeit. Andere Projekte werden schal, wenn man sie liegen lässt, man verliert das innere Feuer und die Lust, das Buch zu schreiben, der Faden reißt.

Weißt du genau, wie die Geschichte verlaufen wird, wenn du beginnst sie zu schreiben? Oder lässt du extra Lücken, die sich dann im Laufe des Schreibens automatisch schließen? Oder gibt es extreme Abänderungen von dem, was du dir am Anfang dachtest?
Ich lasse immer Lücken, beim „Smaragdgarten“ wusste ich zum Beispiel nur ganz grob, dass ein Showdown stattfinden sollte, aber nicht, wie und wo und wie es ausgehen sollte. Erfahrungsgemäß kommen mir beim Schreiben die besten Ideen, deshalb wäre es sinnlos, alles fest vorauszuplanen. Jedes gute Projekt entwickelt sich organisch, beginnt beim Schreiben zu wachsen und Blüten zu treiben.
Allerdings muss ich heute viel gründlicher planen als früher, weil der Verlag wie erwähnt ein Exposé will. Das ist aber auch gut so, dadurch, dass ich meistens weiß, wie es weitergehen soll, habe ich viel seltener Schreibblockaden als früher.

Wie entwirfst du Charaktere? Hast du richtige Listen mit ihren Eigenschaften, ihrem Aussehen, ihrer Vergangenheit? Oder nur ansatzweise das Wichtigste?
Zuerst definiere ich ansatzweise das Wichtigste, bis ich das Gefühl habe, ich mag die Figur und habe sie im Griff. Dann lege ich für Hauptfiguren einen sehr ausführlichen Charakterfragebogen an, eine Checkliste, in der von der Augenfarbe bis zu wichtigen Erlebnissen in der Vergangenheit, Kleidungsstil, Lieblingsspeisen und der Einstellung zum Leben alles zu finden ist, was man über eine Hauptfigur wissen sollte. Nebenfiguren bekommen diese VIP-Behandlung allerdings nicht, für sie schreibe ich nur einen Absatz bis eine halbe Seite Charakterisierung in meiner Planungsdatei.

Danke für das Interview!

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