Auch einige weniger wichtige Begegnungen mit eigenartigen Tieren und Pflanzen im Lixantha-Dschungel musste ich beim Kürzen rausnehmen, zum Beispiel den Blähwurm, den Lanzenbaum und den Glimwok.
Der Blähwurm
Der kleine Storchenmensch trottete voraus. Vorsichtig drückten sie sich um eine Lichtung herum, auf der ein paar plumpe Tiere, haarlos und zweimal so gross wie ein Mensch, die Rinde einiger Bäume abnagten. Ein paar Atemzüge später bemerkten sie Rena und den kleinen Storchenmenschen, senkten die Schnauzen zwischen die Vorderbeine und rollten sich zu Bällen zusammen. Es war ein so komischer Anblick, dass Rena und Ruki sich vor Lachen den Bauch hielten.
Das Lachen verging ihnen, als sie kurz darauf beinahe auf ein unscheinbares Wesen mit in Tarnfarben gefleckter Haut stiessen, das in aller Seelenruhe auf dem Pfad hockte. Es ging Ruki nur bis zum Knie, aber es blickte ihnen unerschrocken entgegen.
“Pass auf, das könnte gefährlich sein”, warnte Rena ihren neuen Freund und ging Schritt für Schritt zurück. War das etwa ein Dozer? Nein, konnte nicht sein, es war zu klein, um Pfade durchs Unterholz zu brechen. “Ich glaube, es ist wütend darüber, dass wir es stören.”
In diesem Moment begann das Tier, die Farbe zu wechseln und mit lauten schnarchenden Geräuschen Luft zu schlucken.
Ruki schnalzte vor Vergnügen. “Iiieee! Hört sich grässlich an!”
Nach ein paar Atemzügen hatte sich das Tier schon zur doppelten Grösse aufgebläht und leuchtete knallrot. Aus seinem Maul faltete sich allmählich ein Arsenal von Zähnen heraus, wie Rena noch keins gesehen hatte. Sie entschieden sich, nicht zu warten, bis es mit seinen Vorbereitungen fertig war, und ergriffen die Flucht.
Der Lanzenbaum
Ruki blieb stehen und weigerte sich weiterzugehen. “Hier ist irgendwas.”
“Was soll da sein?” Rena schaute genau hin. “Ich sehe nichts.”
Doch Ruki rührte sich nicht von der Stelle. Schliesslich streckte Rena die Arme aus, ging los – und prallte promt gegen etwas Hartes, eine Art daumendicken durchsichtigen Stab. Klirr! Klirr! Das war´s, sie hatte ihn erwischt und kaputtgeschlagen. Klang fast wie Glas…
Rena wich zurück. Keinen Moment zu früh. Vor ihr prasselten armlange, scharfe Stücke des Glasstabs zu Boden. Um ein Haar wäre sie aufgespießt worden. Eins der Stücke hatte ein paar helle, milchige Blätter am oberen Ende. “Das ist eine Pflanze!” stellte Rena fest, und aufgeregte Freude durchpulste sie. “Beim Erdgeist, das muss ein Lanzenbaum sein. Ich habe noch nie einen gesehen.” Fasziniert berührte sie die Reste des durchsichtigen Stamms. “Meine Freunde von der Erd-Gilde werden glauben, ich erzähle nur Brei. Im Weissen Wald, aus dem ich komme, sind Lanzenbäume schon lange ausgestorben.”
“Ein Baum ist das?” Ruki war verblüfft. “Sieht aus wie ein Stück festes Licht.”
Der Glimwok
“Habt ihr gemerkt, dass wir beobachtet werden?”
“Beobachtet?” Alarmiert sah sich Rena um. Sie hatte sich so sehr auf die Worte ihrer Freunde konzentriert, dass sie vergessen hatte, auf den Dschungel zu achten. Nun sah sie überall um sich herum Augenpaare. Und was das für Augen waren: Gross wie das Amulett ihrer Gilde, das Rena um den Hals trug, und von einem unheimlichen schwefeligen Gelb!
“Oh, Blattfäule! Ich möchte gar nicht wissen, was das für Raubtiere sind”, sagte Rena beklommen und schob sich näher ans Feuer heran.
Tavian klopfte auf sein Schwert. “Keine Sorge. Ich behalte sie schon seit ein paar Stunden im Auge – seit sie in der Dämmerung aufgetaucht sind. Wenn sie angreifen, werden sie sich die Beute schwer verdienen müssen.”
Doch dann fiel Rena auf, dass der Junge sich das Lachen verbeissen musste. “Greif einfach mal dorthin, wo die Augen sind!” sagte er zu Rena. “Das kannst du ruhig machen. Einfach da hingreifen!”
Rena zögerte nur kurz. Dann ging sie zum Waldrand und streckte den Arm nach einem der Augenpaare aus. Sie griff in etwas Schleimiges, Weiches, das sich in ihrer Hand wand. Es war eine Schnecke mit weit auseinanderstehenden Fühlern, an deren Ende grosse gelbe Augen sie nun erschrocken anblickten. Alix und Tavian lachten befreit.
“Ein Glimwok”, sagte Kerrik, zufrieden mit dem Effekt, den er erzielt hatte. “Von denen gibt´s hier ziemlich viele – noch mehr als Salisars.”
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