Interview mit Carsten Kuhr, Nov. 07

Interview mit Carsten Kuhr, November 2007 (erschienen im Magazin Mr. Fantastik) – hier geht es um meine Daresh-Romane.

Hallo Katja, seit unserem letzten Gespräch angesichts des Erscheinens Deines ersten Daresh Bandes ist einige Zeit vergangen. Neben diversen Sachbüchern unter Deinem wirklichen Namen hast Du bei Ueberreuter der ersten Daresh- Trilogie eine zweite folgen lassen – der dritte Band erscheint im Januar 2008. Dabei bist Du erstmals über die Grenzen des Landes der vier Gilden herausgegangen. Was wolltest Du in der zweiten Trilogie gegenüber den ersten Bänden anders machen, und warum?
Vielleicht merkt man, dass ich mich seit der ersten Trilogie weiterentwickelt habe – Autoren lernen nun mal per „learning by doing“. Aber ich habe mir nicht bewusst vorgenommen, in der zweiten Trilogie etwas anders zu machen. Ich wollte einfach über Alena ke Tassos schreiben, sie hatte für mich ein so starkes Charisma, dass mir buchstäblich keine Wahl blieb. Als ich dann im Laufe des ersten Bandes gemerkt habe, dass mich der junge Gildenlose Jorak – Grenzgänger nennen ihn die Halbmenschen – immer stärker fasziniert, ist die Motivation hinzugekommen, seine Geschichte zu erzählen.

Jeder der vier Gilden von Daresh hat ja ihre eigenen Überlieferungen, ihre Geheimnisse und nicht zuletzt ihre eigene religiöse Überzeugung – geht hier nicht Vieles auf ein gemeinsames Vermächtnis zurück?
Ja, das stimmt. In „Feuerblüte 3“ werde ich das Geheimnis lüften, wie Daresh entstanden ist und wie es dazu kam, dass sich die vier Gilden entwickelt haben. Um meinen Lesern die Aha-Effekte nicht zu verderben, verrate ich hier lieber nicht zuviel 🙂

Als Besonderheit hast Du Deiner Welt nicht nur die vier Gilden sondern auch die Halbmenschen beigegeben. Zwischenzeitlich haben wir schon einige der interessanten Figuren kennengelernt. Wird es in diese Richtung weitere Erzählungen geben?
Die Halbmenschen sind mir sehr sympathisch, deswegen hat der „Sucher“ auch eine Katzenfrau als zweite Hauptfigur. Es war sehr spannend, mich in Mi´raela – die Erzählerin der Parallelhandlung – hineinzudenken, die Halbmenschen haben ja eine völlig andere Kultur und Denkweise. Ich finde, es ist eine schöne Ironie: obwohl Mi´raela von ihren Herren für dumm gehalten wird, ist sie eine der klügsten Figuren im „Sucher“.
Ich arbeite zur Zeit an einer Story über Tjeris ersten Auftrag für den König der Halbmenschen, es ist also quasi eine Fortsetzung des „Suchers“. Dafür habe ich als Erzähler der Parallelhandlung einen Krötenmenschen gewählt. Diese Geschichte schreibe ich bisher nur zum Spaß, keine Ahnung, was mal daraus wird. Ein Roman wohl eher nicht. ((Ein Irrtum, wie sich herausgestellt hat – ich mache doch einen draus!))

Du reicherst Deine Jugendbücher immer auch mit durchaus ernsten Themen an – da geht es um Gleichberechtigung, um Diskriminierung, im Verlust und Trauer – das ist Dir wichtig?
Ich habe eigentlich zwei Ziele. Einerseits sollen meine Bücher unterhalten. Auf gar keinen Fall soll sich irgend jemand mit meinen Romanen langweilen, wenn ich es irgendwie verhindern kann. Andererseits will ich Geschichten erzählen, die intensiv sind, die etwas tief in dir anrühren. Dazu braucht man starke Konflikte und Figuren; es ist unausweichlich, dass dabei Themen wie die oben angesprochenen vorkommen. Eine bewusste Botschaft habe ich nicht, ich greife eher auf, was mich gerade oder schon seit vielen Jahren beschäftigt. Beispiel: Ein Thema, das in meinen Romanen und speziell in der „Feuerblüte“-Trilogie immer wiederkehrt, ist das Thema Mut – Zivilcourage  – für die eigenen Überzeugungen einzutreten.

Inwieweit musst Du gerade hier auf Deine Zielgruppe Rücksicht nehmen – die Beschreibung eines siechenden Menschen kann ja sehr brutal sein?
Beim „Sucher“ habe ich mit dieser Frage monatelang gerungen. Ich musste all das einbauen, was die Hauptfigur Tjeri in meinen anderen Daresh-Romanen bereits (wahrheitsgemäß!) über sich erzählt hatte. Das hieß, dass auch ein paar heftige Szenen vorkommen mussten und zumindest ein Teil des Romans sehr düster werden würde – war das für ein Buch, das wahrscheinlich viele Jugendliche lesen würden, noch vertretbar? Wie ließ sich das überhaupt mit der heiteren Grundstimmung vereinbaren, die untrennbar zum „Sucher“ gehört (Tjeri ist einfach ein fröhlicher Mensch)? Seltsamerweise habe ich das Gefühl, dieser Spagat funktioniert ganz gut – und ohne ihn hätte das Buch nicht die gleiche Tiefe bekommen. Nebenbei bemerkt: Wer meine Bücher kennt, weiß, dass ich auf übermäßiges Blutvergießen und epische Kriegsszenen keinen großen Wert lege.

Während andere Autoren sich nach einer Trilogie anderen Welten und Projekten widmen bleibst Du in Daresh – warum?
Ich bleibe genau so lange da, wie ich das Gefühl habe, dass mich diese Welt festhält und ich ihr noch eine neue, spannende Facette abgewinnen kann. Damit ist es aber allmählich vorbei. Ich habe meine Fans bereits schonend darauf vorbereitet, dass ich mich nach bald sieben Romanen von Daresh verabschieden werde.

Mit Deinem neuesten Roman »Der Sucher« hast Du Deinen Hausverlag für Fantasy – Ueberreuter gewechselt, und bist zum umtriebigen Kleinverlag Otherworld gegangen. Wie kam es zum neuen Verlag?
Für mich war „Der Sucher“ ein Experiment, ich habe ihn eigentlich nur zum Spaß geschrieben und erst dann angeboten, als der Roman fertig war. Als Profi macht man das normalerweise nicht, man besorgt sich mit Exposé bewaffnet erst mal einen Vertrag. Tja, es kam, wie es kommen musste: bei meinen bisherigen Verlagen habe ich gemerkt, dass sie der Text selbst nicht interessierte, es ging nur um den Markt. Kleine Special-Interest-Verlage haben den Vorteil, dass sie auf so etwas weniger Rücksicht nehmen müssen, dort entscheiden noch die Verleger danach, was ihnen gefällt. Bei Otherworld spürte ich echte Begeisterung für den Roman, ich glaube, dort ist er gut aufgehoben.

In wieweit hattest Du Einfluss auf die äussere Gestaltung des Buches? Ist das nicht wichtig, dass der Autor hier ein Mitspracherecht bekommt?
Bei mittleren und großen Verlagen geht das Mitspracherecht gegen Null. Ueberreuter zum Beispiel hätte mir einen solchen kurzen, eher spröden Buchtitel niemals durchgehen lassen, die Marketingabteilung hätte ihn zu verhindern gewusst. Bei Otherworld war ich etwas stärker eingebunden.

Fühlst Du Dich bei Otherworld wohl, und wie erfahren Deine Fans, dass es einen neuen Daresh gibt – Ueberreuter hat die Regelfläche im Buchhandel, die sich Otherworld erst noch erkämpfen muss, zumal Otherworld bislang im Bereich Jugendbuch noch ein unbeschriebenes Blatt ist.
Manche erfahren von dem neuen Buch sicher über meine Homepage, andere über Online-Foren oder Fantasy-Magazine. Aber unterschätzen Sie Otherworld nicht. Michael Krug und seine Kollegen arbeiten sehr professionell, ich finde es beeindruckend, was sie schon erreicht haben. Freunde haben mir auch schon berichtet, dass sie den „Sucher“ in Buchhandlungen erspäht haben.

Wird es weitere Werke bei Otherworld geben?
Die Zukunft wird es zeigen!

An was arbeitest Du gerade?
Neben der zweiten Tjeri-Geschichte, die ich schon erwähnte, an einem Abenteuerroman in der Tradition von DelfinTeam. Also etwas ganz anderem. Ich lasse mir Zeit damit, eine neue Fantasywelt zu entwickeln, so etwas muss reifen.

Vielen Dank, dass Du Dir für uns Zeit genommen hast.

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