Jalishas Gast

In der Anthologie “Elfenblut” (Hg. Katrin Weller, Arena 2008)  ist meine Geschichte “Jalishas Gast” erschienen (gedacht für Kinder ab 8).

Leseprobe

Jalisha balancierte auf einem Ast ihrer Kastanie und steckte sich ein paar Herbstblätter in die langen Haare. Das weiche Licht der sinkenden Sonne wärmte ihre Flügel, und Jalisha war sehr behaglich zumute. Ihre Schnecke Glubb schaute zu und versuchte ein Wort herauszubringen. Bisher klang es wie ein lang gezogenes „Bbbbluuum „. Vielleicht sollte es ein Kompliment werden, wenn es irgendwann mal fertig war. „Blumenschön bist du“, oder so. Glubb war manchmal übertrieben galant.
RUMS.
Jalisha runzelte die Stirn. Komisches Geräusch. Normalerweise war Shéhan, eine Todesfee, die Einzige, die um die Uhrzeit Lärm machte. Immer wenn die richtig loslegte, half nur ganz viel Moos in den Ohren. Aber Shéhans schrilles Kreischen klang ganz anders.
RUMS. RUMS.
O je. Das dumpfe Geräusch kam näher. Schritte, das waren Schritte! Eins der hübschen Herbstblätter, die so gut zu der Farbe ihrer Haare passten, fiel Jalisha aus der Hand und trudelte zu Boden. Glubb zog erschrocken die Fühler ein.
RUMS. RUMS. RUMS.
Inzwischen erzitterten die Blätter von Jalishas Kastanie bei jedem Schritt. Zwei der Blätter gaben auf und fielen ab. Hilflos überlegte Jalisha, was sie tun sollte. Aufflattern? Nein, auf gar keinen Fall würde sie ihren Baum im Stich lassen. Versuchen, gegen das Wesen zu kämpfen, was auch immer es war? Was für eine alberne Idee! Elfen kämpften nicht.
Ein unglaublich großer, steingrauer Fuß zermalmte kaum zehn Körperlängen entfernt das Gras. Dann verdunkelte plötzlich etwas über ihr die Sonne. Mit hilflosem Entsetzen starrte Jalisha nach oben und sah eine schwielige Fußsohle, die sich gerade auf ihren Baum herabsenkte. Ein Troll! Direkt vor ihr stand ein Troll und gleich würde er sie zerquetschen, wenn sie nichts tat. Doch Jalisha schaffte es nicht, sich zu bewegen, und brachte keinen Ton heraus.

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