Praktikumsbericht Judith Reith

Januar 2014

Judith Reith

Judith Reith

Es ist Winter. Der Schnee peitscht an das Fenster meines Arbeitszimmers.

Während Frau Holle oben auf den Wolken ihre Kissen schüttelt, versuche ich verzweifelt einen halbwegs gescheiten Reim auf das Wort „Gemächt“ zu finden, die verworrenen grammatikalischen Konstruktionen im Gälischen zu verstehen und die grau-weiß getigerte Katze neben mir auf dem Tisch am Öffnen und Schließen des CD-Fachs zu hindern. Das ist eines der Dinge, die ich während meines Praktikums bei Katja gelernt habe: Dass Katzen am liebsten auf deiner Laptoptastatur sitzen.

Natürlich habe ich die letzten zwei Wochen nicht nur mit dem Beobachten von arttypischen Verhaltensmustern der drei Katzen in Katjas Haus verbracht. Ich durfte verschiedene Exposes testlesen, eine Ballade schreiben und zu ganz verschiedenen Themen recherchieren. So habe ich zum Beispiel gelernt, wie Ingenieure einem Einsinken der Forschungsstation „Neumayer 3“ in das Eis der Antarktis entgegenwirken. Oder dass die interessantesten Namen für Figuren häufig im Abspann eines Films zu entdecken sind.

Am ersten Tag meines Praktikums stand ich im nebligen Grau des Morgens vor Katjas Tür und war sehr aufgeregt. Schließlich nagte noch eine große Ungewissheit in mir. Ob mir das Arbeiten mit einer Autorin überhaupt Spaß machen würde und wie ich oft ich wohl Kaffe kochen müsste. Wenn ich heute das letzte Mal aus dieser Tür trete, dann kann ich mit Sicherheit sagen, dass meine Entscheidung, am Montag vor zwei Wochen den Finger auf die Klingel gedrückt zu haben, die beste war, die ich treffen konnte. Mittlerweile sagt mir der Begriff „Druckfahne“ etwas, ich weiß, dass auch liebenswerte Charaktere im Roman manchmal sterben müssen und wie schnell ein leichter Nieselregen im Münchner S-Bahn-Netz eine Signalstörung auslösen kann.

Den Vormittag habe ich meistens mit einer Aufgabe für Katja zugebracht, nachmittags konnte ich an meinen eigenen Kurzgeschichten schreiben. Es ist toll, wenn diese dann später von einer echten Autorin Korrektur gelesen werden.

Dass Schreiben manchmal aber harte Disziplin ist, habe ich auch mitbekommen. Wenn man viel Zeit in das Entwickeln authentischer Protagonisten gesteckt hat, ist es nicht verwunderlich, falls die Hauptfiguren teilweise ihren eigenen Willen durchsetzen und die Handlung plötzlich eine völlig neue Wendung nimmt (Kiéran darf sich an dieser Stelle ruhig angesprochen fühlen ;). Deshalb weiß ich nun nach dem Praktikum immer noch nicht, ob das Schreiben als Beruf eine Zukunftsperspektive für mich hat. Denn es fiel mir bereits schwer genug, diszipliniert an meinen Kurzgeschichten zu schreiben.

Trotzdem. Es gibt kaum ein besseres Gefühl als die Schreibwut, die sich einstellt, wenn der Blick aus dem Fenster einen zu einer witzigen Anekdote verleitet und die Musik im Ohr die Finger auf der Tastatur lenkt. Das ist der Moment, in dem plötzlich jedes Wort seinen Platz hat und die Sätze schneller auf dem Bildschirm erscheinen, als die Gedanken nachkommen.

Dafür hat es sich gelohnt, täglich viele Minute an der S-Bahnstation zu frieren und sich die Lautsprecherdurchsagen vom Band, die eine 40-minütige Verspätung ankündigen, in Dauerschleife anzuhören.

Außerdem ist eine Bezahlung in Büchern und Katzenhaaren nicht zu unterschätzen. Schön ist darüber hinaus, für Katja im Münchner Hugendubel bei einer Tasse Kakao nach hübschen Buchcovern zu suchen. Kann man sich einen besseren Arbeitsplatz vorstellen? Kaffee musste ich, entgegen den Vermutungen meines Lehrers, nie kochen. Lediglich Hagebuttentee, und das immer freiwillig!

Vielleicht macht Schreiben nicht reich. Vielleicht macht Schreiben nicht jeden berühmt. Aber mich macht es glücklich!

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