Praktikumsbericht Jessica Lawson

Jessica-smallJanuar 2016

Freitagmittag.
Ich krame in meiner großen, hölzernen Erinnerungskiste. Bild für Bild hole ich heraus und sehe es mir an:
Katja, am ersten Tag, öffnet mir mit einem Lächeln die Tür.
Die Schullesung von Und keiner wird dich kennen mit intelligenten, jungen Schülerinnen. Viele Fragen werden gefragt und in ihren Mienen finde ich meine eigene Begeisterung und Faszination für das Schreiben wieder.
Dann der Schreibworkshop am Wochenende mit sieben talentierten Frauen. Katja führt uns mit Humor und guter Laune durch das Dickicht rundum Exposés, Plots und Perspektiven. Wir tauschen Texte, Erfahrungen und E-Mail-Adressen aus und bevor ich es wirklich fassen kann, bin ich eine waschechte Testleserin! (Waschecht, ja, ich weiß, das sollte ich eigentlich streichen, weil es so abgedroschen ist…)
Diese Bilder sind scharf gestochen und noch gut erkennbar.
Aber in der Erinnerungskiste lassen sich auch andere Bilder finden. Bilder, die verschwommen sind oder überbelichtet – aber dennoch genauso wichtig, genauso ein Teil meiner Erinnerung.
Auf einem erkenne ich mich schemenhaft am Schreibtisch sitzen umgeben von Magiern und Drachen. Ich entwerfe Figuren und lese Katjas Exposés über magische Welten.
Magische Welten. Ein bisschen Magie steckt auch in diesem Haus. Schon alleine die Vorstellung einmal ein eigenes Buch zu veröffentlichen, hat für mich etwas Magisches.
Ich darf Verbesserungsvorschläge für die ersten zwei Kapitel eines Manuskriptes anbringen, dass Katja gerade lektoriert, und Schreibwettbewerbstexte bewerten. Ich, die normalerweise selbst bangend meine Texte zu Schreibwettbewerben abschickt. Magischer Rollentausch 😉
Hin und wieder verirrt sich eine der drei Katzen in „mein“ Büro, umstreicht meine Beine und den Stuhl und schaut mich solange herausfordernd an, bis ich den Stuhl zurückschiebe und sie auf meinen Schoss springen lasse. Die kurze Pause sei genehmigt.
Ein weiteres unscharfes Bild: ich bastle an meiner eigenen Geschichte, drehe und wende sie. Krampfhaft erfinde ich sperrige Titelnamen und gebe Katja die ersten zwanzig Seiten zum Lektorieren.
Ich schreibe und verbessere und schreibe und bin manchmal so tief im Bann der Geschichte, dass mein benommener Kopf beim Mittagessen in einer Nebelwolke zu schweben scheint.
Katja gibt mir Anleitung und Strukturen an die Hand und so bekomme ich immer mehr das Gefühl, das unter meiner Hand etwas Rundes entsteht. Die Töpferscheibe dreht sich und mein Kopf arbeitet ohne dass ich ihn dazu auffordere, manchmal sogar ohne dass ich es bemerke. Er spuckt Ideen aus, Szenen, die ich zu dem Tonklumpen in meinen Händen dazugebe. Die Form wird immer schöner, immer kompletter.
Abends, wenn ich alleine durch die Straßen Münchens ziehe und die Menschen beobachte, sehe ich Szenen ablaufen. Geschichten verbergen sich in jedem Winkel. Was sind die passenden Worte um das zu beschreiben?, frage ich mich. Passt das zu meinem Manuskript?
Und wenn ich dann nachts schlafen soll, bewegen sich die Figuren immer noch vor meinen Augen. Mein Kopf arbeitet. Das Notizheft liegt neben mir – zur Sicherheit.
Zwei Wochen, unendliche Bilder.
Ich habe so viel gelernt, so viel gehört über Verlage und Agenturen und Autoren. Lustige Anekdoten gepaart mit knallharten Fakten. Zwei intensive Wochen. Ich hätte nichts dagegen, wenn es zwei Jahre wären. Oder ein ganzes Leben.

1 Kommentar

  1. Liebe Jessica,
    ich freu mich so unendlich, dass du die „Magie“, die du hast und die du schon immer mit dem Schreiben verbunden hast, weiterentwickeln konntest.
    Es gibt da diese Textstelle in deinem Bericht, die einen Schriftsteller fast schon definiert:
    …mein Kopf arbeitet ohne dass ich ihn auffordere (…) das NotizHeft liegt neben mir, zur sicherheit!

    So soll es sein- lass dich nicht hemmen, nicht Unterdruck setzten. Denn die Geschichten sind in dir, du musst sie nur in Worte fassen,
    Behalt sie bei, die Kontakte, die kraft, und die Konzentration auf Geschichten, die das ganze Leben erst lesenswert machen.
    Und wenn dein Manuskript fertig ist, würde ich es gerne lesen oder du liest es kapitelweise am Telefon. Ich werd mir zeit nehmen- versprochen. Entschuldige den Vorfall nochmal.

    Liebe, Liebe, Liebe –
    Jumai!

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