Praktikumsbericht Franziska Schönberger

Franziska Schönberger

SEPTEMBER 2020

Als mir meine französische Dozentin mitteilte, ich könnte ein Seminar durch ein Praktikum ersetzen, war ich sofort Feuer und Flamme. Was gibt es Schöneres, als in die Welt hinauszugehen und, wenn auch nur für einige Wochen, das praxisorientierte Leben derjenigen zu führen, von denen du sonst nur gelesen hast? Dass mich mein Praktikum in die Literaturbranche führen würde, war mir von vorneherein klar. Doch je länger ich mich mit den Praktikumsangeboten von Verlagen & Co. auseinandersetzte, desto stärker begehrte etwas in meinem Inneren auf, bis ich begriff: Moment mal. Du willst doch gar nicht die Manuskripte anderer Autor:innen redigieren und veröffentlichen, sondern viel mehr auf der anderen Seite des Tisches sitzen und selbst diejenige sein, deren Werke ihren Weg in die Welt finden.

Dass Autor:innen Praktika anbieten, hatte ich bislang noch nie gehört. Aber wie sagt man so schön? Wer nicht wagte, der nicht gewinnt. Und so dauerte es nicht lange, da stieß ich auf dutzende Berichte überglücklicher Mädchen und Jungen, welchen Katja Brandis eben jenen Wunsch erfüllt hatte, den so viele von uns hegen: Die Welt eines/einer waschechten Schriftstellers/in kennenzulernen.

Und das Beste daran? Katja wohnt gerade einmal 10 Minuten von meinem Elternhaus entfernt. Etwas ungünstig, dass ich erst vergangenen Sommer für mein Studium 420 km weit weg an die französische Grenze zog…

Schon bevor ich Katja kennenlernen durfte, war sie mir durch den Schriftverkehr wahnsinnig sympathisch (und nein, das hat sich im Liveformat nicht geändert ?). Wir verabredeten, 50 % des Praktikums per Home Office und 50 % in Präsenz durchzuführen. Schon während unseres ersten Videotelefonats besprachen wir eine meiner Manuskriptideen ausführlich, überlegten gemeinsam, ob es bereits ähnliche Werke gibt und welche Charaktere bei den Leser:innen besonders gut ankommen. Es dauerte nicht lange, da hatte ich mein Exposé zu Papier gebracht und begann mit den Vorbereitungen für das Manuskript.

Währenddessen lernte ich, wie eine professionelle Schriftstellerin an einen Roman herangeht. Ich hatte nämlich das Glück, dass Katja zu dieser Zeit ein Manuskript desselben Genres begann, sodass ich schnell am eigenen Leib zu spüren bekam: Upps, anscheinend tippt man gar nicht munter darauf los. Außerdem war mir vom Verlag eine bestimmte Seitenvorgabe gegeben, was der kreativen Illusionistin natürlich nicht so ganz in den Kram passt. Also ran an die Planung.

Ich lernte, wie man realistische und vor allem sympathische Figuren erfindet, wie hilfreich es ist, bestens über die eigenen Schauplätze Bescheid zu wissen und dass auch taffe Protagonist:innen durchaus ihre Schwächen haben dürfen. Ich durfte meiner Fantasie nicht nur bei meiner eigenen, sondern auch bei Katjas Ideensammlung freien Raum lassen, sodass ich letztlich über einhundert Seiten mit Kleidungsvorschlägen auftürmte und gleichzeitig bei meiner Leseprobe ordentlich in die Tasten haute. Katja war so nett, letztere mit in den Urlaub zu nehmen und mit Anmerkungen zu versehen, die mir helfen sollten, es späteren Leser:innen leichter zu machen.

Die erste Hälfte des Praktikums verstrich wie im Flug und schon bald fand ich mich zurück in München, um die zweite anzutreten. Katja und ihre Familie nahmen mich richtig herzlich auf, ich bekam ein eigenes Arbeitszimmer mit Schreibtisch und mittags trafen wir uns alle zum Essen. Morgens besprachen wir meine Aufgaben für den Tag, darunter auch, welche Ziele ich mir selbst gesteckt hatte. Diese durfte ich dann in beliebiger Reihenfolge leisten.

Darunter fiel beispielsweise das Aufbereiten von Druckfehlern in bereits veröffentlichten Woodwalkers und Seawalkers Romanen, was mir die Menschlichkeit des Verlagsberufes noch einmal vor Augen hielt. Auch durfte ich an einer Lesung teilnehmen. Der Versand von Auslandsausgaben inspirierte mich dazu, selbst mit dem Russischlernen zu beginnen. Zuerst dachte ich, Homepagegestaltung wäre so gar nichts für mich, da ich technisch in etwa so versiert bin wie ein Seestern. Aber Katjas Versprechen, sie würde mir auch eine andere Aufgabe geben, sollte mir diese nicht liegen, machte mir Mut. Das Herstellen von Woodwalkers-Ketten ließ meine Gedanken schweifen, sodass mir immer mehr Szenen für mein Manuskript einfielen, bis ich nach Ablauf des Praktikums bei 100 Normseiten angekommen war. Und selbst das von einigen nicht so sehr gepriesene Einscannen von Leserbriefen kam mir gelegen, da sich mein Hund zeitgleich im OP befand und ich dringend unkonzentrierte Ablenkung brauchte. Auch die zwei Tage in Katjas Literaturagentur haben mir richtig viel Spaß gemacht und mir eine gedankliche Zukunftsperspektive nach dem Studium eröffnet. Zudem hatte ich die Gelegenheit, Katja und damit eine richtige Schriftstellerin, einmal so richtig auszuquetschen und alles in Erfahrung zu bringen, was mir für meine eigene Autorenschaft nützlich sein könnte. Schließlich kann man bei diesem Beruf nicht einfach in die nächste Firma spazieren und fragen: Sagt mal, wie läuft das eigentlich so ab? Dass ein so bekannte Schriftstellerin derart offen, hilfsbereit und herzlich auf anstrebende Jungautor:innen zugeht, ist mit Sicherheit mehr als selten.

An meinem letzten Abend durfte ich mir ein Gericht aussuchen, dass Katja zum „Abschlussessen“ kocht, danach hat mich ihre Familie netterweise sogar noch ins Kino eingeladen.

Ich bin wahnsinnig dankbar für die Chance, die Katja mir mit diesem Praktikum bot, und möchte es auf keinen Fall missen. Ich durfte mehr lernen und erfragen, als ich mir hatte vorstellen können und ging zum ersten Mal mit dem Gefühl nachhause: Ein Traum muss nicht zwangsläufig nur ein Traum bleiben.

Danke Katja, Robin und Christian für zwei wundervolle Wochen in eurer Familie ?

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