Leseprobe aus „Fuchs von Aramir“

Hier gibt´s das erste Kapitel meines neuen Romans, und zwar je ein Auszug der beiden Hauptpersonen Devan und Rouka. Viel Spaß beim Reinschmökern!

 

Tief in Schwierigkeiten

Devan

Argumentiere nie mit einem Greif, der sowieso schon sauer auf dich ist, weil du ihn aus dem Tiefschlaf geweckt hast. Aber was hätte ich machen sollen? Das Wesen hatte anscheinend beschlossen, den Tag gemütlich vor dem geheimen Eingang des SiManao-Palasts verbringen. Durch den ich rein musste, und zwar so schnell wie möglich.

„Ich soll zur Seite gehen … ist das dein Ernst, Junge? Es ist sehr gemütlich hier!“, grollte der Greif, der hoch über mir aufragte und auf mich hinabblickte. „Falls du wirklich etwas im Palast der SiManao zu suchen hast, kannst du doch durch die Vordertür rein.“ Er öffnete den Adlerschnabel drohend und faltete die schwarzen Schwingen so auseinander, dass sie mir noch gründlicher den Weg versperrten. Sein Löwenschwanz peitschte von einer Seite zur anderen und seine wolkenweißen Halsfedern hatten sich gesträubt.

Normalerweise hätte ich bei diesem Anblick Mühe gehabt, mir nicht in die Hosen zu machen. Aber an diesem Morgen war nichts normal. Noch konnte ich nicht glauben, was für eine unglaubliche Rattenkacke in der letzten Nacht passiert war. Erschöpft, aufgedreht, völlig zerstört … ich wusste noch gar nicht, wie ich mich fühlen sollte.

„Wenn ich durch die Vordertür gehe, könnte ich gesehen werden“, erklärte ich höflich. „Und glaub mir, das will Fürst Jolon nicht. Könnte ja jemand wissen, wer ich bin.“

Gereizt zog der Greif seine Vorderklauen über den Granitboden vor dem Palast. Sie hinterließen tiefe Furchen. „Ich weiß, wer du bist. Du bist doch dieser Devan, einer dieser Leute, die sie Füchse nennen, oder? Die behaupten, sie könnten alle Probleme lösen und auch unmögliche Wünsche wahr machen.“

„Genau.“ Ich verbeugte mich formvollendet, obwohl meine Knie weich waren wie ungekühlte Schafsmilchbutter und sich um meine Füße herum eine Wasserpfütze gebildet hatte. „Und ich bin ganz sicher, dass Fürst Jolon mich jetzt sofort sehen möchte.“

„Ha! Du weißt doch, wie man Probleme löst. Dann lös mal dieses.“ Feixend setzte sich der schwarz-weiße Greif auf seine Hinterläufe und lehnte sich an die Mauer, in der die Tür verborgen war.

Ich sagte nichts, beobachtete ihn nur und wartete ab. Und merkte, wie er langsam unsicher wurde.

„Wassss?“, zischte er schließlich.

„Hast du gewusst, dass sie diese Tür mit Kontaktgift präpariert haben, damit keiner durchkommt, der im Palast nichts zu schaffen hat?“

„Unsinn.“ Er bewegte sich nicht von der Stelle. „Das ist ein Trick.“

Ich zuckte die Schultern. „Du wirst es selbst bald merken. An der betroffenen Stelle fängt dein Fell an zu jucken.“

Der Greif zögerte und schien in sich hineinzulauschen. Geduldig wartete ich ab. Es dauerte nur ein paar Atemzüge, bis das riesige Wesen von der Mauer abrückte und beunruhigt sein Hinterteil betrachtete. Garantiert juckte das Fell dort tatsächlich.

„Danke“, sagte ich und ging zum geheimen Eingang. Einen Moment lang tastete ich über den rauen Sandstein, dann fanden meine Finger die richtige Stelle und drückten zu. Mit einem äußerst üblen Gefühl in der Magengrube sah ich zu, wie ein Teil der Mauer nach innen schwang. Was würde Fürst Jolon mit mir machen, wenn ich ihm das Fiasko gestand? Sehr bald würde ich es wissen.

„He! Warte!“ Der Greif versuchte, seinen weiß gefiederten Hals in die nur für Menschen gemachte Türöffnung zu stecken. „Gibt es ein Gegenmittel? Sprich schnell oder stirb!“

„Tut mir leid, ich habʼs eilig“, sagte ich über die Schulter zurück. „Aber keine Sorge, ich bin ziemlich sicher, dass Anderwesen immun sind.“ Wenn ich ihm erklärte, dass ich mir das mit dem Gift ausgedacht hatte, würde er sich das nächste Mal noch genüsslicher breitmachen.

Dann war ich durch die Tür hindurch und im Inneren des Palasts. Zum Glück waren keine anderen der mit den SiManao verbündeten Greife in Sicht, sie schliefen gerne lang und draußen war gerade erst die Sonne aufgegangen. Meine nassen Lederstiefel quietschten ein bisschen auf dem Marmor, als ich die Treppe in den ersten Stock hinaufeilte. Um mich zu beruhigen, sog ich tief die Luft ein, die nach Fackelrauch, geröstetem Brot und Stein roch. Würde schon alles gutgehen. So eine Panne konnte mal passieren und hatte ich nicht schon ganz andere Dinge gemeistert? Neuer Tag, neues Glück! Als ich vor Fürst Jolons Gemächern angekommen war, hatte ich mich so weit beruhigt, dass ich eine gleichmütige Miene schaffte.

„Also?“, fragte Fürst Jolon, als ich endlich vor ihm stand. „Habt Ihr es geschafft, meine Waffenlieferung vom Meeresgrund hochzuholen?“ Angewidert betrachtete er, wie ich seinen Marmorboden volltropfte.

Jolon, der vierundzwanzig Winter alt war, gehörte zu einem der mächtigsten Familienclans Aramirs – dem, der gerade über Aramir herrschte, weshalb Jolon den Beinamen „Fürst“ tragen durfte. Darüber hinaus war er ein berühmter Musiker und von größerer Schönheit, als gut für ihn war. Anscheinend war er gerade erst aufgestanden, denn er trug nur eine enge Stoffhose und über dem bloßen, durchtrainierten Oberkörper eine mit Greifenfedern geschmückte Lederweste im Gelb der SiManao. In seine langen dunkelbraunen Haare und in seinen Bart hatte er gerade erst goldene Strähnchen hineinfärben lassen, die im Licht der Kerzen schimmerten. Hätten seine vielen Verehrerinnen ihn so sehen können, hätten sie noch inniger von einer Hochzeit mit ihm geträumt.

„Es gab eine Panne“, musste ich zugeben.

„Eine Panne? Was heißt das?“

„Der erste Teil der Mission ist gut verlaufen“, berichtete ich. „Die Waffen lagen zwar zu tief, um sie tauchend zu erreichen, und die Meeresdrachen wollten Euch nicht helfen, das wisst Ihr ja …“

„Ghalils Schande, kommt zum Punkt!“

„Ich habe die Schwerter mit starken Magneten hochgefischt.“

„Mit Magneten?“ Wider Willen wirkte Jolon interessiert.

„Diesen neuartigen Dingern aus Isslar“, erklärte ich. „Sie ziehen bestimmte Metalle zu sich hin.“

„Großartig. Wieso bin ich nicht selbst darauf gekommen?“ Jolon nickte wohlwollend.

Jetzt kam der unangenehme Teil. „Als wir die Waffen oben hatten, ist leider ein großes Boot durch die Reihen meiner Leute gebrochen und so nah an uns vorbeigefahren, dass seine Bugwelle uns zum Kentern gebracht hat. Das Boot gehört einem Euch sicher bekannten Mann, der ebenfalls als Fuchs hier in Aramir arbeitet.“ Zum Glück war wenigstens meiner besten Freundin Rouka dabei nichts passiert – sie konnte ziemlich gut schwimmen.

„Ah.“ In Jolons Stimme klirrte das Eis. „Ihr habt Euch also sabotieren lassen. Schwach. Ich hätte gleich Ignis beauftragen sollen und nicht Euch!“

Ich neigte schweigend den Kopf und biss die Zähne zusammen. Er hatte recht. Wieso hatte ich Hohlkopf kein größeres Fahrzeug gemietet? Meine Ablenkungsmanöver und Vorsichtsmaßnahmen waren nicht gut genug gewesen. Wahrscheinlich hätte mein Konkurrent Ignis – Mitte vierzig, bequem und dem Luxus zugeneigt – viel dafür gegeben, bei dieser Demütigung dabei sein zu können. Aber nach dem, was ich gehört hatte, trat er nie selbst in Erscheinung und schickte immer seine Leute vor; ich hatte ihn nie gesehen.

Jolon fragte: „Was spricht dagegen, es noch mal mit den Magneten zu versuchen?“

Ich sagte es ihm nur sehr ungern. „Die Magnete sind auch versunken. Und die Schwerter liegen jetzt an einer Stelle, die noch tiefer ist, und haben sich dort in Steinen und Giftkorallen verkeilt. Die Lieferung ist verloren.“

Fürst Jolon trat näher an mich heran, so nah, bis sein parfümierter Atem meine Wange streifte. „Wisst Ihr, dass diese Schwerter tausend Silber wert waren?“, flüsterte er mir ins Ohr.

„Ja. Ja, ich erinnere mich.“ Da fiel es kaum ins Gewicht, dass auch die geliehenen Magneten dreißig Silber wert gewesen waren.

„So, wie ich es gerade sehe, hattet Ihr die Schwerter schon in Eurem Besitz und habt sie dann wieder verloren. Das heißt, Ihr schuldet mir tausend Silber, Devan.“

Ich hatte mir natürlich schon gedacht, dass er so reagieren würde, trotzdem durchrieselte mich ein eisiges Gefühl. „Als Ausgleich mache ich Euch ein Angebot. Ich arbeite so lange umsonst für Euch und löse all Eure Probleme, bis diese Schuld abgetragen ist.“

„Ach wirklich?“ Mit einem raubtierhaften Grinsen beobachtete mich Jolon. „Abgelehnt! Ihr habt bis morgen Zeit, um das Geld zu beschaffen und es mir zu übergeben.“

Ich schwieg einen Moment lang, während mein Hirn schneller arbeitete als wahrscheinlich je zuvor. „Was passiert, wenn ich das nicht schaffe?“

„Im Hafen liegt gerade eine Galeere aus Aelius, sie muss nach einem Gefecht repariert werden“, sagte Fürst Jolon gut gelaunt. „Ich habe gehört, dass der Kapitän gerade Ruderer anheuert … oder kauft. Einen kräftigen jungen Burschen wie Euch können die bestimmt gebrauchen.“

Üblicherweise erkenne ich einen Witz, wenn ich einen höre. Das hier war keiner. Eigentlich war Sklaverei in unserem Stadtstaat und den meisten umliegenden Ländern längst abgeschafft. Aber bei dem von Kriegskunst besessenen, harschen Land Aelius gab es sie noch. Und so manche Schuldner mussten sich oder Mitglieder ihrer Familie in die Sklaverei verkaufen, wenn sie auf andere Art hohe Schulden nicht tilgen konnten.

„Na dann.“ Jolon ließ mich nicht aus den Augen. „Morgen, also an Jilderstag, zur zehnten Tagesstunde. Hier im Palast. Ich bevorzuge Münzen, die in Aramir geprägt worden sind, aber alle anderen sind mir auch recht. Nur bitte nicht zu viel Kleingeld, Kupfermünzen nehmen in der Börse immer so viel Platz weg.“

Wie betäubt nickte ich, drehte mich um und setzte mich in Bewegung.

Der schwarz-weiße Greif lungerte noch immer vor der geheimen Tür herum, aber vielleicht kapierte er, dass ich nicht angesprochen werden wollte. Ich starrte geradeaus und meine Füße bewegten sich wie von selbst fort vom Stadtpalast der SiManao.

 

Rouka

Angeblich war ich ein süßes Kind. Samtig braune Haut, goldblonde Haare bis zum Po und ein Lächeln, dem die Götter nicht hätten widerstehen können. Tja, das war früher. Mit zehn wurde ich zum ersten Mal auf einer Familienfeier rausgeworfen. Als ich elf war, musste meine Mutter sich bei den regierenden Fürsten – damals die mit den Meeresdrachen verbündeten EaMaris – für meine taktlosen Bemerkungen entschuldigen. Mit dreizehn war ich für kurze Zeit Stadtgespräch, weil ich versucht haben sollte, einen Kobold zu grillen (das Ganze war ein Missverständnis). Zu dem Zeitpunkt sah ich noch immer niedlich aus, war aber eine erfahrene Ausreißerin. Ich hatte es sogar geschafft, mich bis zu einer der Inseln vor unserer Küste durchzuschlagen. Mein Clan war nicht begeistert – ich hatte ausgerechnet die Insel Fern erwischt, auf der Kranke in Quarantäne untergebracht werden.

Inzwischen war ich sechzehn, also volljährig, und meine Familie war nicht gut auf mich zu sprechen. So selten wie möglich übernachtete ich daheim. Das Versteck im Spiegelviertel, in dem Devan lebte, war zwar ganz schön abgeranzt, aber deutlich gemütlicher als der Palast der ViCaretos, ein alter Steinkasten. Besonders mochte ich bei Dev die vielen Kissen, die auf dem Boden herumlagen, und die Holzkisten, in denen früher Schiffszwieback war; inzwischen mussten sie als Sitzgelegenheiten, Schränke und Bücherregale herhalten. Es roch ein bisschen staubig hier, nach Holz, getrocknetem Seetang … und natürlich nach Zwieback.

Diesmal musste ich mich erst mal umziehen, bevor ich mich in die Kissen werfen konnte – meine Klamotten waren vom nächtlichen Chaos klatschnass. Gottlos müde, aber in frischen Sachen, ließ ich mich auf den Boden nieder, um auf Devan zu warten.

Immer wieder versuchten meine Augenlider, nach unten zu sinken. Abwesend strich ich meinem Phönixküken Zhóra, das auf meiner Schulter hockte, über das orangefarbene Jugendgefieder. Toll, wie viel Wärme es ausstrahlte.

War Dev wirklich klar, mit wem er es sich da verdorben hatte durch diesen verpatzten Auftrag? Vielleicht konnte nur jemand, der die mächtigen Clans persönlich kannte, wirklich kapieren, wie gefährlich jemand wie Jolon SiManao sein konnte. Mein eigener Clan gilt auch als gefährlich – die ViCareto sind mit den Phönixen verbündet. Aber ich persönlich finde die Minotauren der MeTanek weitaus unangenehmer. Falls die den nächsten Großen Wettbewerb gewannen und die nächsten regierenden Fürsten von Aramir wurden, würde unsere arme Stadt wahrscheinlich noch tiefer in Unrat, Vetternwirtschaft und Gewalt versinken.

Er kommt, meldete mir Zhóra nach einer Weile, gurrte und streckte die Flügel.

Freude durchzuckte mich und meine Müdigkeit war weg, einfach so. Kurz darauf hörte ich selbst, wie Devan die verschiedenen versteckten Schlösser entriegelte und sich durch eine Luke im Dachbereich hineinschob. Geschickt kletterte er über sein Hochbett und die Leiter nach unten zu mir. Er war noch nicht getrocknet, ließ sich aber trotzdem neben mich auf eins der Kissen fallen.

„Wie ist es gelaufen?“, fragte ich besorgt, während Zhóra versuchte, von meiner Schulter zu starten. Es klappte nicht, sie fiel kopfüber auf Devans feuchtes Kissen. Es dampfte ein wenig.

„Rattig“, sagte Devan, nahm Zhóra hoch und setzte sie wieder auf meine Schulter. „Er will mich als Galeerensklave nach Aelien verkaufen, wenn ich ihm das Geld für die Schwerter nicht erstatte.“

Ich musste lachen. Hörte aber wieder damit auf, als mir klar wurde, dass das kein Witz war. „Du … aber das … kannst du überhaupt rudern?“, war das Einzige, das mir einfiel.

Devan grinste schief. Seine Gesichtsfarbe wirkte ungesund fahl und seine sonst so wachsamen grünen Augen starr. Doch, ihm war klar, dass Jolon so etwas wirklich tun würde. „Ach, das Rudern würde ich schon hinkriegen. Aber du weißt, wie leicht ich seekrank werden“, sagte er und fuhr sich mit den Fingern durch das widerspenstige rotbraune Haar. „Ich würde alle anderen Sklaven vollspucken, an die sie mich angekettet haben.“

„Widerlich“, sagte ich, zog das Wurfmesser, das ich eingesteckt hatte, und donnerte es in eine Holzkiste.. „Jolon! Diese schleimtriefende Zecke, die aus dem Hintern einer Viper rausgekrochen ist, diese …“

Trotz allem musste Devan grinsen. „Ganz deiner Meinung. Leider ist es diesmal meine Schuld, ich habe Ignis unterschätzt. Weil er so lange nichts gegen mich unternommen hat, war ich nicht vorsichtig genug.“

„Dieser räudige Maushund – wahrscheinlich hat er mit seiner Sabotage gewartet, bis richtig viel für dich auf dem Spiel stand!“ Ich fühlte mich hilflos. „Er hat doch selbst genug Aufträge, warum macht er dir so viel Ärger?“

„Frag ihn, falls du ihn jemals siehst.“ Devan zuckte die Schultern. „Weißt du, was dämlich ist? Im Sommer habe ich das Geld noch gehabt.“

„Ja, bevor du es wieder mit vollen Händen rausgehauen hast.“ Ich seufzte tief und schaute mich mit hoch gezogenen Augenbrauen in seinem Versteck um. Nirgendwo goldene Löffel oder seidene Wandteppiche. Devans Problem war, dass sein Herz deutlich weicher war als meins. Wenn er mitbekam, dass jemand aus dem Kobold-, Hafen- oder Glasmacherviertel ein Problem hatte, das man mit Geld lösen konnte, dann verschenkte er das Zeug. Und weil durch die Herrschaft der SiManao immer mehr Leute Schwierigkeiten hatten, ihre Familie zu ernähren, war es kein Wunder, dass der Lohn für seine erfolgreich gelösten Aufträge verdunstete wie eine Pfütze in der Sommersonne.

Ich dagegen hatte meinen Anteil meistens gespart. Leider hatte ich nach verschiedenen Investitionen auch nur dreihundertzweiundzwanzig Silber übrig.

Weil mein bester Freund anscheinend in düsteren Gedanken versank, schubste ich ihn. „He, Dev! Kopf hoch! Du bist verdammt gut darin, Probleme zu lösen!“

„Ja, aber komischerweise nicht bei meinen eigenen“, sagte Devan mit einer Grimasse. „Warum geht es diesmal nicht darum, eine Leiche verschwinden zu lassen? Einen so gut wie ausgestorbenen Schmetterling als Haustier zu beschaffen? Oder einem Fürsten Ärger mit seiner Ehefrau zu ersparen? Das war so schön einfach.“

„Na ja, ein paar Teile der Leiche sind nachher wieder aufgetaucht“, gab ich zu bedenken.

„Ach, solche kleinen Pannen können passieren. Bei der nächsten Leiche wird alles anders.“ Dev schenkte mir ein schiefes Lächeln und straffte dann die Schultern. „Erst mal frage ich Grewyn. Falls ich ganz viel Glück habe, hat der gerade irgendwo tausend Silber rumliegen und leiht sie mir.“

Ich nickte. Seit Devans Eltern gestorben waren und er mit zwölf auf der Straße gelandet war, war Grewyn, der Clan-Führer der KiRea, so etwas wie ein Vaterersatz für ihn gewesen. Die KiRea waren mit den Einhörnern verbündet und hatten keine Chance, jemals die Stadt zu regieren. Ihre Verbündeten waren zwar hübsch, aber nicht gerade stark oder geschickt oder auch nur intelligent. Den Großen Wettbewerb hatten zuletzt die Greifen gewonnen. Und davor die Meeresdrachen.

Dieses Jahr siegte hoffentlich jemand anders. Seit die SiManao am Ruder waren, wurden die Prachtgebäude immer prächtiger und die ärmeren Viertel verfielen immer mehr, während Steuereintreiber drei- statt zweimal im Jahr Ladenbesitzer und Gastwirte heimsuchten. Wagte jemand, sich zu beschweren, fand er sich nicht selten von Unbekannten verprügelt in der Gosse wieder. Es ärgerte mich, dass die Familienclans bisher stillgehalten hatten in der Hoffnung, dass sich nach diesen sieben Jahren alles ändern würde.

„Bestimmt hast du Glück“, versuchte ich ihn zu beruhigen.

„Oder ich kann irgendwas drehen, was mich rettet. Klappt ja meistens.“ Schon war Devans verschmitztes Lächeln zurück. Seine Selbstüberschätzung war manchmal ein echter Segen.

„Wäre ja auch möglich, dass heute die Götter mit dir sind.“ Meine Lieblingsgöttin Winib, die Tochter der Sonne, hatte manchmal ein Faible für charmante Schlitzohren.

Devan stemmte sich auf die Füße. „Falls die Götter heute nicht gerade etwas anderes zu tun haben. Kommst du mit zu Grewyn?“

„Nein – ich habe selbst noch eine Idee“, sagte ich und sprang auf. Ein empörtes Nicht so schnell erklang in meinem Kopf. Zhóras kleine Klauen gruben sich in meine Schulter, als sie versuchte, das Gleichgewicht zu halten.

„Gute Übung für dich, also streng dich an, Federbündel“, sagte ich zu ihr.

Wenn Devan jetzt noch jemand helfen konnte, dann die Anderwesen, mit denen mein Clan verbündet war.

2 Kommentare

  1. Hallo!
    Es klingt schon mal sehr interessant, finde ich! Mir sind fast die Augen ausgefallen,als ich Isslar gelesen habe! Zu welchem Land gehört Aramir?

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    • Hi Winternacht,
      hihi, ja, Isslar gehört zur gleichen Welt wie Aramir … letzteres liegt halt deutlich weiter südlich.
      Viele Grüße,
      Katja

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