Leseprobe aus „Herr der Gestalten“

Aus dem ersten und zweiten Kapitel von „Woodwalkers Rückkehr 2 – Herr der Gestalten”

 

Nachts im Waschraum

 

Nachts ist es in unserer Wandlerschule Clearwater High längst nicht so ruhig wie in einem Internat für Menschen. Als ich verschlafen Richtung Klo schlurfte, grüßte ich, ohne richtig hinzusehen, den Igel-Erstjahresschüler, der in einer Ecke herumschnupperte. Währenddessen huschte über mir eine Fledermaus herum und jagte mit einem Deine letzte Stunde hat geschlagen, Falter! irgendein armes Insekt, das sich in unsere Flure verirrt hatte. Beinahe wäre ich über meinen Klassenkameraden gestolpert, der als Kater nachts auch ziemlich munter war. Mit einem vorwurfsvollen Du warst schon mal geschickter, Carag stolzierte er davon.

„Jaja, sorry“, murmelte ich und bewegte mich weiter in Richtung Jungenwaschraum. Ich hatte bei unserer Feier gestern eindeutig zu viel Weihnachtspunsch getrunken, jedenfalls fühlte es sich an, als würde ich gleich platzen.

Und dann ging die blöde Tür nicht auf. Eulendreck! Anscheinend hatte jemand abgeschlossen. Sollte ich runter auf die Waldlichtung laufen? Aber ich war ziemlich sicher, dass ich es nicht unfallfrei bis ins Erdgeschoss und nach draußen schaffen würde. Ich rüttelte noch einmal an der Waschraumtür, kräftiger diesmal – und fiel beinahe ins Innere, als das Ding plötzlich aufging. Ein paar rot-grün glitzernde Deko-Perlen waren unter die Tür gerollt und hatten sie verklemmt.

Dort war das rettende Pinkelbecken! Ich benutzte es ausgiebig …. und hörte über das Plätschern, wie jemand den Waschraum betrat.

„Oh, hallo, Carag“, sagte eine Mädchenstimme.

Ich sprang vor Schreck beinahe bis zur Decke.

„Äh, Shari … das hier ist der Jungenwaschraum“, erklärte ich, während ich in Rekordgeschwindigkeit meine Shorts hochzog.

Unser blondgelockter Gast aus Florida wirkte nicht beeindruckt. „Ach so, echt? Kannst du mir mal erklären, wozu diese getrennten Klos überhaupt gut sein sollen? Wir haben als Delfine einfach ins Meer gemacht, dort wo wir gerade entlanggeschwommen sind, und es hat niemanden gestört.“

Noch immer ein bisschen durcheinander, nickte ich. Als ich noch als Puma in den Bergen gelebt hatte, war es auch kein Thema gewesen, wer hinter welchen Busch ging. „Stimmt, wirklich eine komische Menschensitte. Vielleicht so ein Revier-Ding. Man gewöhnt sich dran.“

„Ich glaube, es ist dafür da, dass man sich auf den Mädchenklos über Jungs unterhalten kann, ohne dass die das hören.“ Shari riss eine der Kabinen auf, ging hinein … und vergaß die Tür wieder zuzumachen. Hastig drehte ich mich um und wollte die Flucht ergreifen, da fiel mir das Händewaschen ein. Das gehörte zu den ersten Dingen, die meine Pflegefamilie mir damals beigebracht hatte, als ich begonnen hatte, in Menschengestalt zu leben.

Nur leider hatte mal wieder jemand die Seife geklaut. Wetten, es war Wing gewesen? Unser Rabenmädchen lebte gerade seine künstlerische Seite aus und hatte begonnen, aus dem Zeug kleine Figuren zu schnitzen. Unsere Kunstlehrerin fand das sehr originell, doch dafür hatte Wing Stress mit James Bridger bekommen. Er war seltsamerweise der Meinung, dass Seife nur zum Waschen da war.

James Bridger. Auf einmal fühlte sich mein ganzer Körper schwach an, ich musste mich am Waschbeckenrand abstützen. Wo war mein Lieblingslehrer gerade? Wie behandelten ihn seine Entführer? Wann konnten wir endlich los, um ihn zu befreien?

„Alles meerig bei dir?“ Fürsorglich tätschelte Shari meine Schulter. „Du denkst wahrscheinlich an deinen Lehrer, oder? Ich kann auch nicht pennen, weil mir das die ganze Zeit im Kopf herumgeht. Aber halb so schlimm. Als Delfin schlafe ich sowieso immer nur halb.“

„Was meinst du mit halb?“, fragte ich verdutzt.

„Das hatten wir neulich in Sei dein Tier. Wenn ich in zweiter Gestalt schlafe, schwimme ich einfach weiter, weil immer nur eine meiner Gehirnhälften ruht, die andere hält Wache. Ein Auge behalte ich immer offen. Wart mal, ich zeig dir, wie das aussieht …“

Sie marschierte im Kreis, ein Auge zugekniffen. Ich nickte, lächelte und hoffte, dass jetzt niemand reinkam und blöde Fragen stellte. Besonders nicht Tiago, mit dem sie mittlerweile zusammengekommen war. Tiago – ein Tigerhai – und ich mochten uns sehr. Aber ich wollte ihm nicht wirklich erklären müssen, warum seine Freundin mir im Jungenwaschraum eine Privat-Schlaf-Vorführung gab.

Deshalb sagte ich schließlich: „Danke, total nett, dass du mir das erklärt hast. Aber ich würde jetzt, glaube ich, lieber mit ganzem Gehirn schlafen gehen. Morgen wird ein harter Tag … ich hoffe, wir schaffen es, James zurückzuholen.“

Sofort hielt Shari an. „Dürfen wir mit? Wir Leute von der Blue Reef High?“

Ich druckste ein bisschen herum. „Da bin ich nicht sicher. Ihr seid hier an Land sowieso immer in Gefahr, weil ihr Meerestiere in zweiter Gestalt seid. Ich glaube, das wäre zu riskant.“

„Ja, stimmt.“ Unser Delfingast dachte nach. „Aber ihr müsst unbedingt unsere Kampflehrerin mitnehmen! Die ist richtig gut in so was!“

„Bestimmt ist geplant, dass sie mitkommt“, versprach ich ihr. „Jetzt aber gute Nacht ‒ und träum am besten nicht vom Meer.“ Wir hatten zwar für den Notfall ein Plantschbecken in der Eingangshalle aufgebaut, aber mir war lieber, wenn wir das nicht brauchten.

„Haha, ich werd’s versuchen. Hab mich schon lange nicht mehr versehentlich verwandelt.“ Shari lächelte mir noch einmal zu, dann zog sie ab.

Erleichtert tappte ich zurück in mein Zimmer, in dem mein Bison-Zimmergenosse Brandon mal wieder kräftig schnarchte. Trotzdem musste ich es schaffen wegzudösen. Mit meinen Freunden hatte ich ausgemacht, dass wir uns bei Sonnenaufgang bei unserem Baumhaus treffen und eine Notfallbesprechung abhalten würden.

Hatten unsere Lehrer schon einen Plan, wie wir James aus den Fängen dieser miesen Löwenfrau Rebecca Youngblood befreien konnten? Ich hoffte es sehr.

 

 

 

Heute keine Beute

 

Manchmal bist du gar nicht nussig, Carag, sagte Holly, rannte mit zuckendem Puschelschwanz einen Ast entlang und schlug die Zähne in einen Kiefernzapfen. Wieso hast du diesen Baum markiert, obwohl das eindeutig MEIN BAUM ist?

Weil mir keine Antwort einfiel, zog ich erst mal die Krallen aus der Rinde. Wie eine weiße Wolke breitete sich mein Atem vor mir aus, als ich durchschnaufte.

Mein Baum, dein Baum – hast du keine anderen Probleme, Horrorhörnchen?, antwortete meine Freundin Tikaani an meiner Stelle. Sie schnüffelte in ihrer Gestalt als Polarwölfin am tief verschneiten Waldrand herum. Bald geht es los, dann versuchen wir, James Bridger zu befreien!

Beim großen Gewitter, wir versuchen es hoffentlich nicht nur, meinte ich, legte die Ohren an und fauchte leise. Mein Lieblingslehrer war gefangen genommen worden, als wir auf dem Rückflug gewesen waren von unserer Mission, das alte Buch des Cherokee-Schamanen in Sicherheit zu bringen. Keiner von uns hatte gewusst, dass unser Lehrer es heimlich per Post nach Afrika geschickt hatte, bevor wir losgeflogen waren. Das war eine katzige Idee von ihm gewesen, sonst wäre es nämlich unseren Feinden in die Hände gefallen, die uns bald darauf abgefangen hatten. Und die hätten es damit womöglich geschafft, Andrew Milling seine Menschengestalt wiederzugeben und ihn zu befreien.

Immerhin, die Kerle wissen nicht, dass wir wissen, wo sie ihn hingebracht haben. Wissen ist Macht! Brandon pflügte nervös durch den Schnee. Anscheinend versuchte er, denjenigen von uns, die nicht so lange Beine hatten wie er in seiner Bisongestalt, einen Weg zu unserem Baumhaus freizumachen. Dabei wollte gerade niemand rein, den meisten war es zu frostig – über uns glänzten die Sterne so kalt wie Eisstücke.

Wissen ist Nacht? Was meinst du damit? Nicht immer wurde ich schlau aus meinem besten Freund, der als Mensch aufgewachsen war.

MACHT, nicht Nacht, du Pelzvorleger. Holly nagte den Zapfen so heftig ab, dass mir holzige Stücke auf den Kopf prasselten.

Brandon stampfte den Schnee fest. Ich geb dir mal ein Beispiel. Wenn du alle Prüfungsfragen schon vorher weißt, betteln alle dich an, sie dir zu sagen – und du kannst von ihnen haben, was du willst.

Oder du hast ein altes Buch mit Verwandlungsformeln, die außer dir keiner kennt, flüsterte einer der Rabenzwillinge, die über mir auf einem Ast hockten und ungewohnt schweigsam waren.

Zum Beispiel, wisperte ich mutlos zurück. Dann streiften wir weiter rastlos durch den Schnee und beobachteten unser Wandler-Wolfsrudel, das ein Stück entfernt herumlungerte und ebenso unruhig wirkte wie wir. Inzwischen hatte jeder in der Clearwater High von dem Kampf und der Entführung gehört. Die Schul-Weihnachtsfeier war deshalb ziemlich kurz ausgefallen, wir hatten nur unsere Wichtelgeschenke ausgetauscht und eine Kleinigkeit gegessen.

Jetzt war es sehr früh am nächsten Morgen, auf dem Kalender stand: 22. Dezember. Ich hatte gesehen, wie Kimberley, eine der Erstjahresschülerinnen, mit unserem Hausmeister in die Stadt gefahren war. Niemand achtete gerade auf das, was wir taten. Morgen fingen sowieso die Ferien an, und jetzt irgendwelche Formeln oder Vokabeln zu unterrichten, brachte keiner der Lehrer über sich. Dabei hatten wir, wie ich letzte Nacht mal wieder gemerkt hatte, Gäste aus der Seawalker-Schule (die anscheinend noch schliefen, ob halb oder ganz).

Meinst du, diese Kampflehrerin aus Florida – Miss White – kommt mit und hilft uns, Bridger zu befreien?, fragte Brandon in die Runde. Übrigens war sie die ganze letzte Nacht in Jackson Hole unterwegs, hat mir eine Fledermaus erzählt.

Ist ja schräg. Sie muss mitkommen – sie ist stärker als wir alle und kann Türen eintreten! Zum Glück konnte Holly auch mit vollem Mund reden, das war der Vorteil an Gedankensprache. Wir werden diese beknackten Auspuffwolken so dermaßen wegfegen, ihr werdet sehen.

Noch während ich überlegte, ob Goldminen überhaupt Türen hatten, sah ich meine Schwester Mia mit langen Sprüngen durch den Tiefschnee auf uns zukommen. Mich müssen sie auch mitnehmen, ich bin die Kampfkraft pur, behauptete sie. Weißt du nicht mehr, wie wir dieses Stachelschwein fertiggemacht haben, Carag? Und da waren wir Kätzchen!

Ach, ich dachte, das hat UNS fertiggemacht, gab ich zurück und als Mensch hätte ich bestimmt gelächelt. Allmählich war mir ein bisschen leichter zumute. Ja, wir hatten ein paar richtig gute Kämpfer bei uns an der Schule; und nein, wir würden James Bridger nicht im Stich lassen.

Wir hörten das Geräusch einer Seitentür, die sich öffnete. Tikaani riss den Kopf hoch, Brandon schnaubte und Holly ließ ihren Zapfen fallen, sodass er im Schnee verschwand.

Es war unsere Adler-Schulleiterin Lissa Clearwater, das Licht glänzte auf ihren fedrigfeinen weißen Haaren. Sie winkte uns heran.

Geht es los oder können wir noch schnell was im Wald erlegen? Jeffrey und der Rest seines Wolfrudels – alle im dicken Winterpelz – rannten in unsere Richtung.

„Heute keine Beute“, sagte Miss Clearwater grimmig. „Kommt rein, dann erkläre ich euch den Plan.“

Lissa Clearwater führte uns zu dem großen Raum, in dem wir sonst Kampf und Überleben hatten. Weil sich darin nun ziemlich viele Wölfe und Pumas tummelten, roch es ein bisschen muffig nach feuchtem Fell.

Wir schlagen so bald wie möglich los, richtig?, fragte Jeffrey grimmig, und Cliff wedelte kurz, bevor der strafende Blick gleich zweier Clearwaters ihn traf. Ganz recht, das hier war keine lustige Kampfstunde, sondern ein Notfall!

„Wie ihr euch schon gedacht habt, macht sich eine Einsatzgruppe gleich auf den Weg zu dieser alten Goldmine, um James zu befreien“, sagte Lissa, unsere Schulleiterin. Ihr Gesicht war verzerrt vor Sorge.

Ihr Sohn Jack Clearwater warf einen Blick auf ihren verbundenen Arm. „Weil meine Mutter ja beim Kampf mit der Youngblood verletzt worden ist, fliege ich selbst mit, damit wir Luftüberwachung haben.“

„Genau“, fuhr Lissa fort. „Bill leitet die Befreiungsaktion“ – sie deutete auf unseren jungen, muskulösen Kampflehrer mit dem kahl geschorenen Kopf – „… und Alisha ist ebenfalls mit von der Partie.“

Die durchtrainierte, dunkelhaarige junge Frau nickte, verschränkte die Arme … und kaute seelenruhig ihren Kaugummi weiter. Viele neugierige Augen musterten sie – ich kannte Alisha White schon aus Florida, aber die meisten von uns hatten sie erst vor Kurzem zum ersten Mal gesehen.

„Ihr fragt euch gerade, ob ihr mir vertrauen könnt, stimmt´s?“, meinte sie. „Die Antwort ist ganz einfach: Ja, könnt ihr. Ich habe Milling und seine Leute nie ausstehen können.“

„Was ist mit den drei Sicherheitsleuten des Rates, die wir schon kennen?“, fragte Jack.

„Die jagen den Leuten der Youngblood nach, die beim Kampf dabei waren und unser Flugzeug zur Landung gezwungen haben“, sagte Lissa. „Rechne also lieber nicht mit ihnen.“

„Beim großen Gewitter, das darf doch echt nicht wahr sein“, beschwerte ich mich. „Wieso hat der Rat nicht mehr Sicherheitsleute? Wie viele sind es denn insgesamt?“

„Ich glaube, nicht mehr als zehn“, flüsterte Lissa Clearwater mir zu. „Darüber hinaus gibt’s natürlich die Wachen in Sunny Meadows, die zählen extra.“

Schweigend nickte ich. Wer darf von uns Schülern mit?, fragte Tikaani gespannt.

Bill Brighteye deutete auf Jeffrey, Cliff, Tikaani sowie die neue Wölfin Mondauge, dann auf mich und Mia, mit einer Handbewegung winkte er uns an seine Seite.

Ich wusste, dass ihr nicht ohne uns Wölfe auskommen würdet, prahlte Jeffrey und ich verdrehte die Augen. Doch Mr Brighteye nickte nur. „Euch brauche ich zum Kämpfen, aber jemand zum Spionieren muss auch dabei sein.“

Anscheinend hatte er Nell, unserer Maus-Wandlerin, schon Bescheid gesagt, sie stand in ihrer Gestalt als schwarzes Mädchen mit vielen Zöpfchen in der Nähe. Nun trat auch sie an die Seite unseres Kampflehrers und ich begrüßte sie mit einem Schnurren. Keiner in unserer Klasse unterschätzte Nell, sie war zwar klein in zweiter Gestalt, aber schon ziemlich oft fast getötet worden und deshalb ziemlich taff.

„Zuletzt brauchen wir noch jemanden, der lautlos fliegt und uns außerdem zeigen kann, wo diese Mine genau ist … es gibt nämlich ziemlich viele ehemalige Gold- und Silberminen in der Gegend“, fuhr Lissa Clearwater fort. „Ava, bist du bereit?“

Mit einem zittrigen, aber stolzen Lächeln trat Ava vor, ein zierliches Mädchen mit glatten braunen Haaren und großen Augen. Sie war Steinkauz in zweiter Gestalt und ein bisschen zurückhaltend, aber wir mochten sie alle.

Sonst niemand?, meckerte Holly und hüpfte auf meinem Kopf auf und ab, was sich nicht gerade toll anfühlte.

„Joe Bridger natürlich“, sagte Bill Brighteye und gab Joe, der wie sein Vater ein Kojote war, ein Zeichen. „Schließlich ist es sein Vater, um den es hier geht. Sei froh, dass wir dich nicht brauchen, Holly – es wird garantiert gefährlich …“

Pah! Ich kann ›gefährlich‹, behauptete Holly und vergaß dabei, sich an meinen Ohren festzuhalten. Sofort schüttelte ich den Kopf und sie flog in hohem Bogen auf eine der Übungsmatten. Wie ein Gummiball hüpfte sie sofort wieder hoch und raste aufgeregt im Raum umher.

„Leise!“, mahnte unsere Schulleiterin. „Es braucht nicht jeder zu wissen, was wir vorhaben.“

Wir schlichen nach draußen – doch offensichtlich waren wir nicht leise genug gewesen, denn im Schulflur fing uns jemand ab. Ein nicht sehr großer Junge mit kräftigen Schultern und Armen; seine dunkelbraunen Haare umrahmten sein eckiges Gesicht. Es war Paolo, einer der Erstjahresschüler. „Wenn ihr schlau seid, nehmt ihr mich auch mit“, sagte er, während er Lissa Clearwater den Weg vertrat. Sie wirkte einen Moment lang genauso sprachlos über seine Dreistigkeit wie wir anderen.

„Ich fürchte, das geht nicht, Paolo“, sagte sie kühl. „Unsere Gruppe ist komplett.“ Sie fügte nicht hinzu, dass wir uns bei einem Ameisenlöwen wie ihm, der auf ihren kleinen Fingernagel gepasst hätte, eher Sorgen machen mussten, dass er im Schnee verloren ging. Mein Erzfeind Andrew Milling hätte diesen Kerl in seiner Insektengestalt wahrscheinlich runtergeschluckt, ohne es zu merken.

„Aber ihr habt noch nicht viele Leute in der Gruppe, die so wie ich auch in Menschengestalt gut kämpfen können“, behauptete Paolo und verschränkte die Arme.

Hä? Meinst du das ernst? Cliff, der größte unserer Wolfs-Schüler, und Tikaani knurrten ihn an.

Doch Paolo wich nicht vor ihnen zurück, warf ihnen nur einen gleichgültigen Blick zu und sah die Lehrer an. „Also?“

Ich war überrascht, als Bill Brighteye sich an die anderen Lehrer wandte. „Es stimmt, eigentlich ist die Gruppe voll, aber meine Stimme hat er. Er ist tatsächlich ein sehr guter Kämpfer.“

„Na gut – du bist der Leiter der Aktion“, sagte Lissa Clearwater.

Paolo grinste so breit, als wäre er wie Henry ein Frosch in zweiter Gestalt. „Cool, danke. In wessen Fell darf ich reisen?“

So wie eine Laus?, fragte Mondauge, die noch vor Kurzem als wilde Wölfin gelebt hatte, und schüttelte angewidert ihr rötlichgraues Fell.

Bevor Paolo erwidern konnte, dass er keine gottverdammte Laus, sondern ein wilder, gefährlicher Ameisenlöwe war (solche Sprüche kannten wir schon von ihm), nickte Tikaani. Er kann meinetwegen mit mir reisen, sagte sie ohne Begeisterung. Das war wirklich edel von ihr. Verliebt blickte ich ihr einen Moment lang in die Augen. Dann meinte ich: Und Nell mit mir, worauf unser Mausmädchen sich sofort verwandelte und an meinem Vorderbein hochhangelte.

Holly hockte als Rothörnchen beleidigt auf einem Stapel Matten und sah zu. Viel Glück, ihr Pelzis – und wehe, ihr kommt ohne Mr Bridger zurück!, schickte sie uns hinterher.

 

53 Kommentare

  1. Hallo,
    coole Leseprobe mal wieder! Die Waschraumszene finde ich zwar etwas seltsam (ich hätte schon gedacht, dass Shari nach einem halben Jahr oder mehr in der Menschenwelt weiß wie man ein Klo benutzt, aber okay.) aber das zweite Kapitel dafür umso interessanter. Es wird schon nach wenigen Sätzen klar, dass alle nervös sind, und obwohl vieles nochmal erwähnt wird, was wir eigentlich schon wissen, fühlt es sich nicht so seltsam an wie in WW7. Auch Miss White wirkt wieder mehr wie in Seawalkers (falls man das schon nach den kurzen Szenen sagen kann), an Weihnachten war sie irgendwie anders (aber gegen ein bisschen kitschiges zu Weihnachten ist ja nichts einzuwenden).
    Aber Miss Clearwater tut mir voll leid. Sie hat schon die ständige Verantwortung für all die Schüler, die sich regelmäßig in gefährliche Situationen bringen, muss sich Sorgen über die Schule ihres Sohnes machen und jetzt ist auch noch einer ihrer Kollegen (und Freund? Wenn sie zusammen ausgehen?) entführt worden.
    Ich habe auch das Gefühl, dass die Geschichte mit Paolo noch spannend wird. Ist es eigentlich Absicht, dass der Name „der Kleine“ bedeutet?

    Jetzt aber endlich zur richtigen Frage:
    Ich hatte vor dem Erscheinen von Seawalkers 6 verschiedene Theorien aufgestellt, und dafür auch den Namen von Alan Dorn recherchiert. Damals konnte ich noch nichts damit anfangen, habe aber jetzt den Zettel wiedergefunden: Alan ist ein englischer/schottischer Name, der „kleiner Fels“ bedeutet. Dorn bedeutet nicht nur das offensichtliche, sondern auch Dornbusch/Dornenstrauch.
    Im Nachhinein passt das zu gut zu seiner Tiergestalt, um Zufall zu sein; haben Sie diesen Namen also mit Absicht vergeben?

    Meerige Grüße, Wiebke

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    • Hi Wiebke,
      zur Erklärung der Shari-Szene – Wandler, die als Tier aufgewachsen sind, tun sich schwer mit den menschlichen Empfindlichkeiten (Mädchen-Klo/Jungs-Klo) und haben auch weniger Schamgefühl. Deshalb versinkt Carag fast im Boden, er ist halt schon stärker von der Menschenwelt geprägt. Ja, Miss Clearwater tut mir auch manchmal Leid, ihre Schüler stürzen sich mit Begeisterung in die gefährlichsten Missionen … und sie kann sie nicht mal davon abhalten, weil sie sogar noch auf ihre Hilfe angewiesen ist. Menschliche Eltern würden durchdrehen! Ja, die Namen wie Paolo und Alan Dorn habe ich mit Bedacht gewählt, obwohl ich sonst kein Fan von sprechenden Namen bin.
      Meerige Grüße,
      Katja

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      • Danke für die Antwort!

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  2. Hallo Katja, hallo Sabine,
    die Leseprobe klingt ist mega spannend, und natürlich wieder toll geschrieben.
    Ich bestelle mir nachher gleich die Fanbox, ich freue mich schon mega auf das neue Buch und bin gespannt, wer der Herr der Gestalten ist, ob sie James Bridger wiederfinden.
    Und ich hoffe das Paolo endlich mal jemand sagt wir bescheuert und selbstverliebt er ist, ich kann ihn nämlich echt nicht ausstehen und finde es ein bisschen doof, dass er mitkommen darf, aber Holly zum Beispiel nicht.
    Aber das ist ja die Sache der Autorin und ich finde die Bücher trotzdem mega toll und freue mich schon riesig wenn Herr der Gestalten rauskommt.
    Bis dahin eine schöne Weihnachtszeit und viel Spaß beim Schreiben.
    Viele liebe Grüße
    Panther ? ?

    Antworten
    • Hi Panther,
      ich wünsche dir noch ganz viel Vorfreude auf den neuen Roman und viel Spaß mit der Fanbox! Es hat noch eine ganz bestimmte Bedeutung, dass Paolo mitkommt (ich mag ihn auch nicht, aber da Jeffrey ja kein Kotzbrocken mehr ist, musste ein neuer her, haha). Und Holly wird dafür in Afrika umso wilder mitmischen!
      Einen schönen Herbst-Winter wünscht dir
      Katja

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      • Vielen Dank!

        Antworten
    • Hallo Katja und Sabine,es sind ja seawalkers & friends bände geplant,wird es da auch eine kurzgeschichte mit Alisha (Oder Kim…?) und Jack geben?Ich liebe Miss white

      LG Olivia
      PS: Ich liebe ihre Bücher

      Antworten
      • Hallo Olivia,
        Es wird auf jeden Fall wieder einen Band mit Kurzgeschichten geben, aber die ganzen Details sind aktuell noch geheim. Lass dich überraschen!

        Viele Grüße,
        Sabine

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  3. Die Leseprobe ist echt gut geworden.

    LG Carag2

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  4. Hi Katja, liebe Woodwalkers immer noch obwohl ich eigentlich vielleicht schon zu alt dafür bin. Ich finde die zweite Staffel noch cooler als die erste(aber die war natürlich auch mega)! Wird es eigentlich noch eine zweite Staffel von Seawalkers geben?? Fände ich richtig cool. Meine Lieblingsperson ist Izzy, wenn es eine 2. Staffel gibt würde ich mich riesig freuen, wenn sie öfter vorkommen würde. Ich schreibe selbst auch sehr viel(habe auch schon mehrere Wood-und Seawalker-Fanfictions geschrieben) und bewundere dich für dein Können sehr!

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    • Hallo Maéva,
      Nach der zweiten Woodwalkers-Staffel ist erstmal Windwalkers dran (mit Sierra und der Redcliff High). Was danach vielleicht noch kommt, steht noch nicht fest, aber eine zweite Seawalkers-Staffel wäre natürlich eine Möglichkeit! Vorher hat Katja auch noch ein paar Bände Seawalkers & Friends geplant, vielleicht bekommt Izzy darin also eine eigene Kurzgeschichte oder so. Mal schauen 🙂

      Viele Grüße,
      Sabine

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  5. Ich habe schon alle deine Wood- und Seawalkers Bücher gelesen und bin ein Riesenfan. Ich freu mich schon total auf Herr der Gestalten? ?? Es wäre cool wen noch ein Tripel-Wandler vorkäme .
    LG
    Tikaani

    Antworten
    • Hallo Tikaani,
      In der zweiten Woodwalkers-Staffel wird es tatsächlich noch um Tripel-Wandler gehen, lass dich überraschen!

      Viele Grüße,
      Sabine

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  6. Hi Katja! Ich habe auch schon alle Buecher (fast) 5 mal gelesen!! Ich freue mich soooo auf den film und das neue Buch!!!!!!

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  7. Spitzenklasse, ich will ,,Herr der Gestalten“ schon vorbestellen. Bin ein Riesen Fan, hab alle schon gelesen und werde alle Weiteren lesen.

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  8. Richtig coole Leseprobe.
    Freue mich mega aufs neue Buch.

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  9. Hallo Katja!
    Vielen Dank für die Leseprobe! Ich fand sie wirklich sehr spannend und gelungen! (Wie immer (: ). Ich fände es cool wenn Mr. Bridger nur GESAGT hätte das er das Buch nach AFRIKA schickt obwohl er genau weiß dass sein Sohn sich noch nicht abschirmen kann. Also lockt er die Feinde in eine falsche Richtung und lässt sie in dem Glauben das Buch sei in Afika. So könnte er das Buch dann in Wirklichkeit an einem anderen Ort versteckt haben, die Feinde denken aber es sei in Afika.

    Ich freue mich schon sehr auf den neuen Teil!!!

    Mauritz ( :

    PS: wann genau erscheint der Band?

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    • Hallo Mauritz,
      Tja, lass dich überraschen, was in dem Buch noch so alles passiert 🙂 Es erscheint übrigens am 12. Januar.

      Viele Grüße,
      Sabine

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  10. Wirklich cool, freue mich schon auf das Buch!

    LG Pz.Kpfw

    P. S:

    Hi Shey ?

    Antworten
    • Freu mich jetzt schon riesig auf das Buch ?????? hört sich genauso super an wie die andern .

      Antworten
    • Die Leseprobe ist total gelungen!
      Werden Carag und seine Freunde Weihnachten so wie bei den Menschen feiern?

      Antworten
      • Hallo Wildkatze,
        Weihnachten wird in dem Buch tatsächlich gefeiert, mehr verraten wir mal noch nicht 🙂

        Viele Grüße,
        Sabine

        Antworten

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